Arbeit und Wirtschaft, 15.11.1927Arbeit und Wirtschaft, 15.2.1927


G.Z. Vr XXVI 2366/27


An das
Landesgericht in Strafsachen IWien.


Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller in Wien III.,Hintere Zollamtsstrasse Nr. 3,
durch:


Beschuldigter: Dr. Johann Hannak, Redakteur in
Wien X., Arsenal, Objekt 9,


wegen Ehrenbeleidigung durch die Presse 1 fach


Antrag auf Einstellung des Verfahrens.


In dieser Ehrenbeleidigungssache ist
aussergerichtlich eine Einigung zustande gekommen, laut
welcher der Beschuldigte eine Erklärung folgenden Inhaltes
abgegeben hat und in dem Heft Nr. 22 vom 15. November 1927des V. Jahrganges der Zeitschrift „Arbeit und Wirtschaft“
veröffentlichen liess:


„Im Heft 4 des 5. Jahrganges der Zeitung ‚Arbeitund Wirtschaft‘ vom 15. Februar 1927 war ohne Anführung
des Namens des Herrn Karl Kraus über ihn geschrieben:


Jedoch, wenn auch neuestens – aus Ranküne darüber,
dass man sein Aesthetentum nicht genug ernst nimmt – ein
Mann, dem man eine grössere Widerstandskraft seines guten
Geschmacks gegen seine Eitelkeit zugetraut hätte, einem
jener Patrone, die jetzt für Seipel arbeiten, das schmücken
de Beiwort eines ‚alten Sozialisten‘ verliehen hat …


Die Redaktion von „Arbeit und Wirtschaft“ erklärt,
dass sie eine solche Anschauung, dass die Haltung des Herrn
Karl Kraus von der Ranküne darüber bestimmt werde, dass
man sein Aesthetentum nicht genug ernst nimmt, nicht teilt,
und auch der Verfasser, Dr. J. Hannak erklärt, dass er
sie nicht aufrechterhalten kann.“


Ich stelle sohin durch meinen bereits
ausgewiesenen Anwalt den
Antrag,
das Verfahren gegen den Beschuldigten einzustellen.


Karl Kraus.


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