An das
Landesgericht für Strafsachen I
Abteilung IV
Wien.


Karl Kraus,
Schriftsteller
Wien III., Hintere Zollamtsstrasse 3.
durch:


1 fach
1 Vollmacht


Bittet um Urteilsabschrift.


Ich wurde im Jahre 1901 in der Rechtssache
Hermann Bahr gegen mich G.Z. VII 194/00 Rote Zahl 2525
wegen Ehrenbeleidigung begangen durch die Presse, zu K 1.800.–
Geldstrafe verurteilt. In einem Beleidigungsprozesse, den ich
gegen den Schriftsteller Kerr in Berlin fahre, hat dieser be
hauptet, dass ich wegen verleumderischer Beleidigung verurteilt
wurde. Ich benötige daher dringend eine Urteilsabschrift, aus
deren Begründung bezüglich der Strafe hervorgehen muss, dass
zwar der Wahrheitsbeweis nicht als erbracht angesehen wurde,
dass aber bei dem Strafausmasse der gute Glauben, in welchem
ich mich befunden habe, berücksichtigt wurde.


Ich stelle daher die


Bitte:


mir dringendst eine Abschrift des Urteiles zu Handen meines
ausgewiesenen Anwaltes Dr. Oskar Samek, Rechtsanwalt in
Wien I., Schottenring Nr. 14 zuzustellen.


Karl Kraus.


3


4