spüren: „Und wie dem
dreimal sei: zu Hause stirbt
man und
erstickt, wenn sie einen nicht mit
nehmen.“ Man ist nicht gestorben, sondern hat just darüber
Kriegsgedichte gemacht.
2) Völlig unergründlich
scheint, wieso eine „Verleumdung
wider besseres
Wissen“ auch in der wörtlichen Zitierung von Ge
dichten des Herrn Kerr aus diesem Aufsatz in der ‚Neuen Rundschau‘
18(September 1914) gelegen sein könnte. Es soll eine „Bemäntelung
des
Zusammenhangs“ sein, wenn der Eindruck hervorgerufen wird, als
ob der Autor „diese Gedichte nicht selber missbilligt
hätte“, als
ob er
„den Inhalt billigte“. Wenn ich diesen
Eindruck hervorge
rufen habe, was ich keineswegs leugnen mochte, so lag gar keine
Bemäntelung irgendeines Zusammenhanges vor, so geschah es nicht
wider besseres Wissen,
sondern ich musste vielmehr glauben, dass
der Autor den Inhalt seiner Gedichte tatsächlich billige, weil
er
sie sonst doch nicht
verfasst und nicht veröffentlicht hätte. Ich
weiss schon, dass ein
Hirnwesen ein äusserst kompliziertes Ge
schöpf ist, das, wie ich
noch später dartun will, gleichzeitig
zwei Eisen im Feuer hatte,
nämlich eines auch gegen das Feuer. Aber
die Besonderheit seiner
Anschauung und seines Schalkhaften Stils
zugegeben und dass er etwa
an das Ende der Verse von „Bandwurm,
Krätze, Rheumatismus im
Popo“ u.dgl. die Worte setzt: „Es geht nicht
19– was ich ja auch in
Nr. 717/723
ausdrücklich zitiert habe –, ist es
doch klar, dass Herr Kerr eine Anschauung, der er gleichfalls zu
gänglich war, zum
Ausdruck bringen wollte und dass es eben doch
‚ging‘, mochte er sich auch
der Unmenschlichkeit und Problematik
solchen Geschreibes einen
Moment lang bewusst sein. Er hätte sich
ja füglich damit begnügen
können, den Drang zu derartigen Kriegs
gedichten zu verzeichnen und
sie selbst ungeschrieben zu lassen. Er nennt
sie aber doch geradezu einen „Segenspruch“ Von
5152 5354 55 56Dr. Franz Oppenheimer59
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