Im Auftrage des Herrn Karl Kraus habe
ich Ihr Schreiben vom 2. Februar 1927 in folgender Weise
zu beantworten.


Ihre Verhandlungen mit der Besitzerin des
Kokoschka-Porträts „Karl Kraus“ konnten Ihnen keine Repro
duktionsrechte geben, da Frau Helene Kann nicht Eigentümerin,
sondern nur Verwahrerin des Bildes ist. Selbst wenn Sie
während der Unterhandlungen noch annehmen durften, dass Sie
von Frau Kann irgendwelche Reproduktionsrechte erwerben könn
ten, so musste diese irrige Annahme nach Eintreffen meines
Schreibens vom 31. Jänner 1927 wegfallen und Sie hatten und
haben daher zu nachträglichen Reproduktionen und Verviel
fältigungen und zum Vertrieb derselben keine Berechtigung.
Die Urheberrechte an dem Kokoschka-Porträt stehen ausschliess
lich Herrn Karl Kraus zu. Kokoschka hat seinen Wohnsitz in
Wien, ist österreichischer Staatsbürger, das Porträt wurde
in Wien gegen Entgelt und zwar als Ersatz für ein früheres,
von Herrn Kraus bezahltes Porträt Kokoschkas geschaffen.
(Er hatte dieses seinerzeit für die Ausstellung in Hagen
entlehnt, nicht zurückgestellt, und es hat seither wieder
holt den unrechtmässigen Besitzer gewechselt. Sollte Ihre
in Klammer gesetzte Bemerkung: „bezw. der Schenkung“ auf einer
Information beruhen, so war diese falsch und ungebührlich.)
Nach § 13 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes stehen
bei Porträts, welche gegen Entgelt bestellt wurden, sie mögen
Werke der bildenden Künste oder der Photographie sein, die
Rechte des Urhebers dem Besteller zu. Herr Kokoschka konnte
Ihnen daher keine wie immer gearteten Reproduktionsrechte an
seinen in Österreich gegen Entgelt verfertigten Porträts
einräumen. Es ist übrigens merkwürdig, dass Sie sich noch
eine Zustimmung der Frau Kann einholen zu müssen glaubten,
wenn Ihnen das Reproduktionsrecht ohnedies nach Ihrer Meinung
von Herrn Kokoschka übertragen wurde. Wie Sie übrigens glau
ben konnten, dass Frau Kann Ihnen irgendwelche Rechte, wel
che dem Urheber zustehen, übertragen konnte, ist mir nicht
recht klar, da Ihnen als Verleger doch bestimmt bekannt war,
dass nach deutschem Recht dem Verfertiger des Porträts, nach
österreichischem Recht dem Besteller die Urheberrechte zu
stehen, keinesfalls also einer blossen Besitzerin. Nach Er
halt meines Schreibens konnten Sie keinesfalls mehr im unkla
ren darüber sein, dass Herr Kraus eine Reproduktion des Bildes
verbietet und es war daher jede nachher erfolgte Reproduktion
und Verbreitung desselben eine Verletzung der Urheber
rechte meines Mandanten. Mein Mandant behält sich auch
die Geltendmachung seiner Ansprüche wegen Verletzung
seiner Rechte vor.


Was endlich die erwähnten 3.000.– Mark be
trifft, so wurden diese von Herrn Kokoschka ausdrücklich
für die Gestaltung der Ausstellung zu Gunsten des Dvorak-
Mauseoleums zugesagt, und es wird noch weiter aufzuklären
sein, ob Herr Kokoschka diese Zusage für Sie machen durfte
oder ob er hiebei seine Vollmacht überschritten hat. Ich
werde auf diesen Punkt nach Einholung entsprechender In
formationen von Seiten des Herrn Kokoschka zurückkommen.
Herr Kraus hatte einem mit ihm befreundeten Kunsthistoriker
Dr. Ludwig Münz die Ordnung dieser Angelegenheit überlassen
und war damit einverstanden, dass die Darbietung des Ge
mäldes für Zwecke des Kunsthandels, der er sonst nie zuge
stimmt hätte, an die Bedingung geknüpft wurde, dass HerrKokoschka die längst geplante malerische Arbeit an dem Mau
soleum des auch von ihm hoch verehrten Professor Dvorak aus
führe und dass der für die Bauarbeiten erforderliche Geld
betrag zur Verfügung gestellt werde. Leider wurde im Ver
trauen auf seine Zusage nicht deren Erfüllung abgewartet,
sondern das Porträt abgesendet.


Besonders zurückweisen muss ich Ihre Äusserung
wegen Unterlassung eines Schrittes über die Herausgabe der
Ansichtskarte mit dem Porträt des Herrn Kraus und Ihre Annahme,
dass Sie damit eine besondere Rücksicht geübt haben. HerrKraus wünscht bei dem feststehenden Tatbestande seines Urhe
berrechtes keine Rücksichtnahme, und duldet auch nicht,
dass Sie ihm eine Verletzung Ihrer Rechte insinuieren, über
die Sie sich, bevor Sie eine derartige Behauptung aufstell
ten, bei jedem Anwalt informieren konnten und mussten.


Hochachtungsvoll


rekommandiert.


3