Die chinesische MauerSimplicissimus


Konzept, zur eventuellen beliebigen Benützung, (falls es juristisch haltbar) als Vorschlag für die Antwort an das „Hamburger Fremdenblatt


Ihr w. Schreiben vom 4. Juni beantworte ich mit der Erklärung,
daß die Frage, ob der Redaktion Fahrlässigkeit nachzuweisen ist, der
gerichtlichen Entscheidung unterliegt und nicht der Ansicht der Herren
vom Schutzverband der Deutschen Schriftsteller. Meines Erachtens liegt
Fahrlässigkeit nur dann nicht vor, wenn die Redaktion nachweisen könnte,
daß sie von der Existenz des Werkes „Der Biberpelz“ von Karl Kraus
(das im „Simplizissimus“, in der „Fackel“ u. in einem Werk mit etlichen
Auflagen erschienen ist und wiederholt vorgelesen wurde) nicht gewußt
haben kann. Daß sie von der Existenz einer Arbeit, deren Plagiat sie
abdruckt, nicht gewußt haben muß, macht sie nicht straflos, weil es
sich beim gegenständlichen Delikt, soweit die Schuld der Redaktion in
Frage kommt, nicht um dolus, sondern um culpa handelt und eine solche
(Fahrlässigkeit), die eben nach dem Gesetz strafbar ist, dann überhaupt
nie gegeben wäre. Denn schließlich könnte ja eine Redaktion, die ein
Plagiat an einem noch weit bekannteren Werke bringt, sich sonst gleich
falls damit exkulpieren, daß ihr dieses Werk nicht bekannt war. Aber
nicht dies hat sie zu erweisen, sondern daß es ihr durch irgendwelche
Umstände nicht bekannt sein konnte, z.B. wenn ein Manuskript gestohlen
wurde. Da ja kein Zwang besteht, literarische Beiträge zu veröffent
lichen, so ist es eben ein Berufsrisiko, solche anzunehmen, und die
Redaktion, die gewiß nicht verpflichtet ist, alle Originale, deren
Plagiate sie druckt, zu kennen, muß wenigstens den Mann kennen und sich
genauer ansehen, den sie für würdig halt, von ihr gedruckt zu werden.
Was die Höhe des angesprochenen Ersatzes betrifft, so verweise ich
darauf, daß die Schädigung keineswegs ausschließlich in der Aneignung
des fremden Wertgegenstandes besteht – vielleicht hätte sogar der Autor
einem literarischen Bettler ihn als Almosen geschenkt, wenn dieser sich
ihn wie er beschaffen ist und unangetastet hätte aneignen wollen –;