Die Fackel


G.Z. U I 247/27


An das
Strafbezirksgericht I
Wien.


Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller und
Herausgeber der „Fackel“ in Wien
III., Hintere Zollamtsstrasse Nr. 3
durch:


Beschuldigter: Bruno Holfeld, verantwortlicher
Redakteur der „Arbeiter-Zeitung“ in Wien
V., Rechte Wienzeile Nr. 97


wegen § 24 Pressgesetz
eventuell § 45 Absatz 4 Urh.Ges.


1 fach


Beschwerde gegen den Zahlungsauftrag vom 22. Juli 1927
G.Z. U I 247/27


Mit Beschluss vom 22. Juli 1927
G.Z. U I 247/27/4 wurde wegen Klagsrückziehung des Privatanklägers das Verfahren gemäss § 46 St.P.O. eingestellt und
ausgesprochen, dass die Kosten des Strafverfahrens der Privatankläger gemäss § 390 St.P.O. zu tragen hat. In Verfolg dieses
Beschlusses wurde mir zu Handen meines ausgewiesenen Anwaltes
ein Auftrag zur Zahlung der Kosten des Strafverfahrens in der
Höhe von S 10.–– am 25. Juli 1927 zugestellt. Diese Kosten be
treffen, obwohl dies in dem Beschluss nicht ausdrücklich fest
gestellt wurde, den Pauschalkostenbeitrag gemäss § 381 St.P.O.
Die Vorschreibung des Pauschalkostenbeitrages erfolgte aber zu
Unrecht. Nach Artikel II des Bundesgesetzes vom 8./7.1925, be
treffend die Kosten des Strafverfahrens, B.G.Bl. 233 Absatz 2,
ist in Uebertretungsfällen kein Pauschalkostenbeitrag zu ent
richten, wenn keine Hauptverhandlung stattgefunden hat und
auch keine Zeugen oder Sachverständigengebühren erwachsen sind.
Die auf den 19./7.1927 anberaumte Hauptverhandlung konnte nicht
durchgeführt werden, weil die Ladung an den Beschuldigten nicht
ausgewiesen war. Es hat also in dieser Sache keine Hauptverhand
lung stattgefunden, da die Anberaumung der Hauptverhandlung und
die sofortige Vertagung wegen Nichtladung des Beschuldigten kein
Stattfinden der Hauptverhandlung darstellt. Die Vorschreibung des
Pauschalkostenbeitrages erfolgte daher zu Unrecht.


Ich stelle durch meinen bereits aus
gewiesenen Anwalt den
Beschwerdeantrag:
das Landesgericht für Strafsachen möge den Zahlungsauftrag des
Strafbezirksgerichtes I in Wien vom 22. Juli 1927 G.Z. U I 247/27
als ungesetzlich aufheben.


Karl Kraus. /


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