Sehr geehrter Herr Doktor Samek!


Seit meinem letzten Telephongespräch mit Ihnen war ich bemüht, den
von Ihnen angegebenen Betrag zustande zu bringen, um die Angelegenheit, für
die ich allein mich moralisch verantwortlich fühle und die ich bei meiner
Ihnen ja bekannten Einstellung zu Karl Kraus auf das tiefste bedauere, aus
der Welt schaffen zu können. Ich muß Ihnen nun, so schwer mir’s fällt,
mitteilen, daß ich das Geld nicht aufbringen kann und daher auf den mir von
Ihnen angebotenen Weg einer Lösung verzichten muß, so sehr ich wünschte, daß
der Strafantrag von Ihnen zurückgezogen würde, da mir der Ausgang dieses
Prozesses in jedem Fall nur unerwünscht sein kann. So bleibt mir keine andere
Möglichkeit, als Sie nochmals – und durch Sie Herrn Karl Kraus – auf das
inständigste zu bitten, in Anbetracht des ganzen Sachverhaltes von einer
weiteren Verfolgung abzusehen.


Ohne Ihre weiteren Entschließungen in irgendeiner Weise beeinflußen
oder denselben vorgreifen zu wollen, übersende ich Ihnen gleichzeitig den
Betrag von S 20.–, um Ihnen wenigstens einen kleinen Beweis meines guten
Willens zu geben und bitte Sie, diesen Betrag einem von Ihnen zu bestimmenden
Zweck zuzuführen. Ich tue dies, wiewohl auch dieser Betrag für mich ein Opfer
bedeutet, in der Erwägung, daß uns unter keinen Umständen aus der Veröffent
lichung dieses Bildes, die zwar ohne die geringste böse Absicht und ohne mein
wissen erfolgte, ein Nutzen erwachsen soll und übermittle Ihnen daher die
beiliegenden S 20.– als Gegenwert für den Betrag von Mark 10.–, den meine
Schwägerin seinerzeit für das Bild erhielt.


Mit der Bitte, Sie meiner Dankbarkeit, für Ihr bisheriges Entgegenkommen,
und meiner Verehrung versichern zu dürfen, bin ich Ihr


sehr ergebener
Erwin Ratz


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