Sehr geehrter Herr Kollege!
Ich war bei einer grösseren
Schwurgerichtsverteidigung
in
Neuburg a.D. und kann daher erst heute Ihre
geehrten
Schreiben vom 12. und 16. April 1928 beantworten.
1.) Die Klage gegen den Fränkischen Kurier werde
ich sofort einreichen, sobald ich
die bereits bestellten
Originalnummern des betreffenden Blattes erhalten habe.
Aus dem mir vorliegenden Ausschnitt kann der Name des
verantwortlichen Redakteurs nicht festgestellt werden.
2.) Die mir freundlichst
übermittelte Kritik von
Herbert Ihering im Berliner Börsen-Kurier werde ich im
Prozess verwerten.
3.) Die mir übersandten 6
Exemplare des Traumstücks
habe ich erhalten. Ich habe
ein Exemplar dem Gericht
vorgelegt.
4.) Unsere Auskunft, daß von
einer Klage gegen die
Vereinigten vaterländischen Verbände abzuraten
ist, gilt auch
für die Zeitungen,
welche diesen Aufruf abgedruckt haben.
Es empfiehlt sich, nur
diejenigen Klagen zu stellen,
bei
denen die Einwendungen der Gegenpartei nach der
herrschenden Praxis nicht von
vornherein die Gefahr
einer
Klageabweisung mit sich bringen. In diesem Falle
würde die Gefahr bestehen, daß
nicht nur dem Verfasser,
sondern
auch dem verantwortlichen Redakteur der § 193
(Wahrnehmung berechtigter
Interessen) zugebilligt würde,
da
ja der Abdruck nur von solchen Zeitungen betätigt
wurde, deren Redakteur mit den
Vaterländischen Verbänden
persönlich nahestehen dürfte. Es
ist daher hier mit sehr
billigen
und unter Umständen erfolgreichen Einwendungen
zu rechnen. Im Gegensatz zu
dieser Einsendung liegen
ja bei
den Artikeln des Völkischen Beobachters
und des
Fränkischen Kuriers reine Verbalinjurieen vor, bei
denen
das Gericht den § 193 einfach nicht
zubilligen kann, ohne
gegen das
Gesetz zu verstossen.
5.) In der Klagesache gegen
den VölkischenBeobachter halte
ich es für zweckmässig, die Tendenz des
Traumstücks durch Hinweis auf das grössere Werk, „Die letztenTage der
Menschheit“ noch unwiderleglicher zu erläutern.
Ich habe zu diesem Zwecke
das letztere Werk nocheinmal
durchgelesen und mir die
Szenen angemerkt, aus denen
die Gesamttendenz der Arbeit des Herrn
Mandanten ganz
unwiderleglich hervorgeht. Da ich selbst nur ein Exemplar
besitze, wäre ich verbunden,
wenn ich gelegentlich noch ein
oder zwei Exemplare des letzteren
Buches bekommen könnte, um
die Vorlage bei Gericht zu betätigen.
Mit vorzügl. koll.
Hochachtung
Hirschberg
Rechtsanwalt.