Antinationaler Skandal in München


Sehr geehrter Herr Justizrat!


In Sachen Kraus./. Fränk. Kurier (Schardt) bitte ich zu
entschuldigen, dass durch ein technisches Versehen Ihre Anfragen
nicht beantwortet worden sind. Durch Ihre Terminsmitteilung und
neuerliche Anfrage wurde ich auf das Versehen aufmerksam gemacht
und beeile mich Ihnen zu antworten:


1.) Die Sache gegen Dr. Hohenstadter ist rechtskräftig beschluss
mässig abgewiesen worden. Ich lege Ihnen bei Beschluss des AmtsgerichtsMünchen, meine sofortige Beschwerde und Beschluss der Strafkammer.
Ich möchte an dieser Stelle in eine Kritik dieser Entscheidungen
nicht eintreten. Unfasslich erscheint mir, dass das Landgericht
gegenüber den meines Erachtens unwiderleglichen Ausführungen der
Beschwerde es nicht einmal der Mühe wert gefunden hat, mit einem Wort
auf die Ausführungen der Beschwerde sachlich einzugehen,


2.) In der Sache Kraus ./. Schardt muss meines Erachtens von
der Rechtslage ausgegangen und auf rechtlicher Entscheidung bestanden
werden. Dass Schardt als Verantwortlicher haftet, kann ja nicht im
Ernst bestritten werden und wird auch vom Urteil bejaht. Meines Er
achtens muss in derartigen Sachen das Gericht vor die klare Entscheidung
gestellt werden, ob die gebrauchten Ausdrücke die Absicht der Belei
digung erkennen lassen ohne dass irgend eine Konzession gemacht
werden darf. Es handelt sich um folgende Ausdrücke, bei denen die
Beleidigung objektiv und subjektiv ausser jedem Zweifel steht:
Der Pseudowiener; der sich durch solchen Reklamestreit mit Harden
auch ansonsten bekannt gemacht hat; in dem kleinen Kreise derartiger
Literätchen; derartige Dinge sind dort alle Tage Uebung; eine Reihe
von Vertretern des Literaturbolschewismus ist syphilitisch verseucht
(was sich nach dem klaren Wortlaut auf den Privatkläger mitbeziehen
soll); wollen die Münchener Kammerspiele den Ruf der Reinlichkeit
verlieren? Gemeinheit. Darstellung derartigen Schmutzes.


Das Gericht muss auch in 2. Instanz vor die klare Entschei
dung gestellt werden, ob damit § 193 überschritten ist oder nicht.
Wenn das Gericht glaubt, es verantworten zu können, mit den Ausfüh
rungen des Erstrichters, dass zwar Beleidigungen der Person vorliegen,
aber doch in diesem Falle nicht strafbar sind, sich einverstanden
zu erklären, so mag das Gericht das tun.


Jede Konzession wäre vollkommen falsch und würde der
ganzen Gesinnung des Herrn Privatklägers völlig widersprechen.
Ich habe daher Herrn Kraus auch geraten, zur Verhandlung nicht zu
erscheinen. Er würde bei einer persönlichen Erklärung ganz gewiss
keine Konzessionen machen, sondern seine antimilitaristische und
pazifistische Gesinnung noch scharf unterstreichen. Auch die Frage,
ob Herr Kraus am Kriege teilgenommen hat, ist eine missverständliche
Auffassung seiner ganzen Lebensarbeit. Er hat während des Krieges
mit Tapferkeit und Konsequenz dieselbe Meinung vertreten wie nach
dem Kriege und stets, nämlich die kriegsfeindliche, soweit das während
der Herrschaft der militärischen Behörden technisch überhaupt möglich
war. Ob sich der verantwortliche Redakteur des Fränkischen Kurier
dadurch in seinen heiligsten Gefühlen verletzt fühlt oder nicht,
ist völlig belanglos; es kommt nur darauf an, ob das Gericht dem
Herrn Privatkläger angesichts der schweren Verbalinjurien die Ver
urteilung des Beklagten, die unbedingt erfolgen muss, gewähren will oder
nicht. Diese Frage muss ganz scharf und klar gestellt werden und nur
darauf, ob Beleidigungen nach § 185 STGB. und Ueberschreitung des § 193
vorliegt, ist abzustellen.


Ganz unerheblich ist, ob der Privatbeklagte einen Ausdruck
aus Angst vor der Bestrafung gemildert hat oder nicht. Er gibt zu,
den Artikel gelesen zu haben und den Ausdruck Wiener in Pseudowiener
verschärft zu haben, offenbar in der Absicht der Herabsetzung des
Privatklägers. Das genügt vollkommen. Ich bitte daher ohne jede
Konzession an die Tendenz der beklagten Partei ganz scharf und klar
die Rechtsfrage zu stellen und beantworten zu lassen.


Hochachtungsvoll
ergebenst
Rechtsanwalt.


Anlagen.


3