Sehr geehrter Herr College!


In Sachen Kraus ./. Schardt erhalte ich
soeben zu meiner besonderen Befriedigung die Nachricht, dass das
Landgericht Nürnberg das Urteil I. Instanz aufgehoben und nach
6 stündiger Verhandlung Herrn Schardt zu 50 M Geldstrafe,
sämtliche Kosten und Publikation verurteilt hat.


Ihrem gesch. Schreiben vom 20. cr. lag die Abschrift
Ihres Briefes an Herrn Collegen Süssheim versehentlich
nicht bei; es würde mich interessieren, die Abschrift nachträg
lich zu erhalten. Ich nehme an, dass Ihre Aufträge im gleichen
Sinne gegangen sind, wie die meinigen. Diese klare Stellungnahme
hat das Landgericht zu einer ebenso klaren Stellungnahme zu der
meines Erachtens überhaupt nicht streitbaren Frage, ob eine
strafbare Beleidigung vorliegt, gezwungen. Wenn auch die inneren
Widerstände des Gerichts durch die viel zu niedrige Geldstrafe
von 50 M in Erscheinung traten, so war das Gericht doch ange
sichts der gröblichen Verbalinjurien ausserstande, auf Freispre
chung zu erkennen.


Sobald mir die Ausfertigung des Urteils zugeht,
werde ich mir gestatten, sie Ihnen zu übersenden.


Herr College Süssheim schlägt für seine Tä
tigkeit ein angemessenes Honorar von Mk. 100.–– vor. Es lässt
sich nicht bestreiten, dass die gesetzlichen Gebühren, die der
Gegner zahlen muss, mit etwa 40 M keine ausreichende Entschädi
gung für die Vorbereitung und 6 stündige Verhandlung darstellen,
sodass ich die Annahme dieses Vorschlags empfehlen muss. Die vom
Gegner beizutreibenden Gebühren beider Instanzen werden ungefähr
diesen Betrag ausmachen, sodass man unter Vereinbarung des
Honorars Herrn Collegen Süssheim auch ersuchen kann, sich
aus diesen Eingängen zu befriedigen.


Die Erledigung der Nürnberger Sache ist darnach,
abgesehen vom Strafausmaß, in Ordnung. Die Veröffentlichung
werden Sie nach dem Empfang des Urteils wohl selbst veranlassen.
Die Entscheidung in der Münchner Sache ist falsch; da die Be
schwerde ohne Angabe von Gründen zurückgewiesen wurde, lässt
sich aber leider daran nichts ändern. Immerhin hat Herr Kraus
ja auch im vorausgegangenen Prozess gegen den Völkischen Beobachter Verurteilung erzielt, die rechtskräftig wurde, sodass seine
Feinde sich in Zukunft etwas mehr in Acht nehmen werden.


Ich darf Sie bitten, Herrn Kraus meine verbind
lichsten Grüsse zu übermitteln.


Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr sehr ergebener College
Dr. Hirschberg
Rechtsanwalt.


3