Sehr geehrter Herr Kraus,
zu meiner großen Verwunderung
bin ich auf meine letzten
3Briefe noch
ohne eine Antwort und habe insbesondere nicht
erfahren, ob Sie mit meinem Schriftsatz vom 3. Dezember d.Js.
einverstanden waren. Den Erfolg
meines Schriftsatzes sehen Sie
aus anliegendem Beschluß, von dem ich eine Abschrift zurück
behalten habe, sodaß Sie den Beschluß also behalten können.
Nach § 17
Pressgesetz ist es jedoch höchst zweifelhaft,
ob Sie jetzt schon den Beschluß veröffentlichen dürfen. Ich
möchte dringend davon abraten.
Gleichzeitig, hat das Gericht an
mich folgenden Brief ge
schrieben:
„In der Privatklagesache Kraus ./. Wolff, erscheint
es
dem Gericht mit
Rücksicht auf Umfang und Auswirkung der
Sache, zweckmäßig, sich
zunächst in einem anzuberaumenden
Termin über den Umfang der
Beweisaufnahme in Benehmen zu
setzen. – Es wäre wünschenswert – ohne daß das persönliche
Erscheinen angeordnet wird –
daß beide Parteien diesem
Termin nach Möglichkeit persönlich beiwohnen. – Es
wird um Mitteilung gebeten,
welche – möglichst mehrere – Termine
zu diesem Zwecke vorgeschlagen
werde. Das Gericht hat Sitzung je
den Dienstag, Donnerstag und
Sonnabend, jedoch fallen der 25.–27.
Dezember und der 1.1.1929
durch Feiertage aus.“
Das Gericht
wünscht also das persönliche Erscheinen
der Parteien in diesem Vortermin.
Ich frage daher an, ob Sie im
Januar zu einem solchen Termin nach Berlin kommen
können. Je
denfalls
muß ich aber in dieser Sache von Ihnen umgehend Nach
richt haben.
Für die Uebersendung der letzten
„Fackel“, die ein groß
artiges Erlebnis für mich war,
danke ich herzlichst. Gleichzeitig
würde ich mich freuen, wenn sie den Verlag
veranlassen würden,
mir die Noten
zum Schoberlied zu übersenden.
In der Prozessache bin ich noch
immer nicht im Besitz
der Erklärung, die nach Ihrem Wunsch dem Gericht
übermittelt
werden soll.
Im letzten Termin in der
Hauptsache hat das Gericht
übrigens die öffentliche
Zustellung beschlossen, was meines
Erachtens ein neuer flagranter Rechtsbruch ist, da das Gericht
und der Gegner sich überhaupt
nicht bemüht haben, Ihre Wiener Privatadresse
(Zustellungsadresse) durch Nachfrage beim Wiener Einwohnermeldeamt zu
ermitteln. Aus allen diesen Gründen bin ich
nach wie vor dafür, daß wir in
der Hauptsache ein Ablehungsgesuch
vorbringen und uns dann erst kontumazieren lassen. Hierdurch
entstehen nicht ein Pfennig
Mehrkosten. Neuer Termin steht Anfang
Februar an. – Ich hoffe, daß Sie
nunmehr in allen Sachen auf dem
laufenden sind und bin in
großer Wertschätzung Ihr
ergebener
Dr. Laserstein
Rechtsanwalt.