Hochgeehrter Herr Doktor!
Wir ersuchen, den Text der Erklärung für das Gericht
(einst
weilige
Verfügung) mit dem Vorschlag der einen Änderung gf. Dr. Samek
zuzusenden, und erbitten an
unsere Adresse die frdl. zugesagte Ab
schrift der Stelle aus dem Newyorker Blatt.
Das in Abschrift beiliegende Antikriegsgedicht des Kerr
(ein „Spottlied, ‚Krieg‘ betitelt“) ließe sich vielleicht für einen
der Gerichtszwecke verwenden. Es
ist unseres Erinnerns am 27.I. in derAbendausgabe des Berliner Tageblatts erschienen.
Zu dem Schriftsatz des Herrn Landsberg, für den
wir Ihnen
bestens danken, senden
wir Ihnen mit der gleichen Post 2 Exemplare
des Heftes der Fackel Nr.
743–750, Dezember 1926, welches auf S. 48ff.
den Aufsatz „Das
Unmögliche“ enthält. Sie werden daraus ersehen, daß
dem Verfasser damals
der Name jenes Gastgebers („der in bescheidener
Namenlosigkeit hinter seinem
Werk zurücktritt“) unbekannt war. Daß
Herr Theodor Wolff
selbst der Veranstalter des Gastmahls und somit der
Stifter der nunmehr auch
persönlichen Versöhnung der Herren Reinhardt
und Kerr war, ist eine
überaus dankenswerte Enthüllung, die er durch
seinen Anwalt vornehmen
läßt. Die Ableugnung der Tendenz dieses
Arrangements, die Reduzierung des
Falls auf den gesellschaftlichen
Zufall ist der Versuch einer Blödmacherei, die wohl schon übertrieben
oder verzweifelt genannt werden
muß. Durch das Geständnis des Herrn
Wolff betreffend
die Tatsache des Gastmahls und das publizistische
Echo, das sie gefunden hat,
dürfte wohl die Absicht, die dem behaupte
ten Pakt zugrundeliegt, einwandfrei festgestellt sein. Die Idiotie,
daß der Kerr etwa nicht
gewußt haben werde, wen er an Wolffs Tische
treffen wird, dürfte auch dem
dümmsten Leser des Herrn Kerr nicht zu
zutrauen sein. Daß Herr Wolff den Wunsch
hatte, den Kerr im
Punkte
Reinhardt völlig kirre zu machen, daran wird nach dem Faktum
dieser
Tischvereinigung nicht
mehr gezweifelt werden. Herr Wolff verfolgt
sichtlich den Zweck, durch den
Umstand, daß das Versöhnungsessen
„lange
Zeit“ nach dem Eintritt des Kerr ins Berliner
Tageblatt statt
gefunden hat, den Beweis zu führen, daß die Pazifizierung des Kerr
in der Sache Reinhardt keine Bedingung des Eintritts war. Eher ist
aber dadurch bewiesen, daß der
Kerr
publizistisch bereits versöhnt
war und daß nur noch die Besiegelung durch persönlichen Verkehr er
folgen mußte. Wäre der Kerr nach dem
Eintritt ins Tageblatt Gegner
Reinhardts geblieben, so hätte er dem offenbaren
Plan, ihn mit Reinhardt persönlich
zusammenzuführen, widerstreben müssen. (Das persön
liche Zusammentreffen bildet doch
den denkbar stärksten Kontrast zu
der in Berlin behaupteten Ausweisung des Kerr aus dem
Deutschen Thea
ter.)
Wir glauben, daß dieser Gesichtspunkt für die Antwort wichtig
wäre. In Verbindung mit dem
Geständnis des Wolff, das nur als ein
Prävenirespielen erklärt werden kann, bietet der Aufsatz „Das Unmögliche“ ein
unschätzbares Dokument. Wenn Sie es für nötig halten, daß
dem Gericht nicht
nur das Heft
der Fackel mit dem wörtlichen Abdruck
des Telegramms im Neuen Wiener Journal
vom 15. Oktober 1926, sondern
auch die Nummer dieses Blattes, vermutlich die vom 16.,
vorgelegt
wird, so erbitten
wir Ihre frdl. Mitteilung.
Mit den besten Empfehlungen
des Herrn K.
zeichnen wir
in
vorzüglichster Hochachtung
NB. Die „Prager Presse“ hat ein Berliner Bekannter zu beschaffen
und Herrn Fischer zu senden versprochen.