Berliner Tageblatt, 27.1.1929 (Abendausgabe)Neues Wiener Journal, 15.10.1926New Yorker Staatszeitung, 5.12.1928Prager Presse


Hochgeehrter Herr Doktor!


Wir ersuchen, den Text der Erklärung für das Gericht (einst
weilige Verfügung) mit dem Vorschlag der einen Änderung gf. Dr. Samek
zuzusenden, und erbitten an unsere Adresse die frdl. zugesagte Ab
schrift der Stelle aus dem Newyorker Blatt.


Das in Abschrift beiliegende Antikriegsgedicht des Kerr
(ein „Spottlied, ‚Krieg‘ betitelt“) ließe sich vielleicht für einen
der Gerichtszwecke verwenden. Es ist unseres Erinnerns am 27.I. in derAbendausgabe des Berliner Tageblatts erschienen.


Zu dem Schriftsatz des Herrn Landsberg, für den wir Ihnen
bestens danken, senden wir Ihnen mit der gleichen Post 2 Exemplare
des Heftes der Fackel Nr. 743–750, Dezember 1926, welches auf S. 48ff.
den Aufsatz „Das Unmögliche“ enthält. Sie werden daraus ersehen, daß
dem Verfasser damals der Name jenes Gastgebers („der in bescheidener
Namenlosigkeit hinter seinem Werk zurücktritt“) unbekannt war. Daß
Herr Theodor Wolff selbst der Veranstalter des Gastmahls und somit der
Stifter der nunmehr auch persönlichen Versöhnung der Herren Reinhardt
und Kerr war, ist eine überaus dankenswerte Enthüllung, die er durch
seinen Anwalt vornehmen läßt. Die Ableugnung der Tendenz dieses
Arrangements, die Reduzierung des Falls auf den gesellschaftlichen
Zufall ist der Versuch einer Blödmacherei, die wohl schon übertrieben
oder verzweifelt genannt werden muß. Durch das Geständnis des Herrn
Wolff betreffend die Tatsache des Gastmahls und das publizistische
Echo, das sie gefunden hat, dürfte wohl die Absicht, die dem behaupte
ten Pakt zugrundeliegt, einwandfrei festgestellt sein. Die Idiotie,
daß der Kerr etwa nicht gewußt haben werde, wen er an Wolffs Tische
treffen wird, dürfte auch dem dümmsten Leser des Herrn Kerr nicht zu
zutrauen sein. Daß Herr Wolff den Wunsch hatte, den Kerr im Punkte
Reinhardt völlig kirre zu machen, daran wird nach dem Faktum dieser
Tischvereinigung nicht mehr gezweifelt werden. Herr Wolff verfolgt
sichtlich den Zweck, durch den Umstand, daß das Versöhnungsessen
„lange Zeit“ nach dem Eintritt des Kerr ins Berliner Tageblatt statt
gefunden hat, den Beweis zu führen, daß die Pazifizierung des Kerr
in der Sache Reinhardt keine Bedingung des Eintritts war. Eher ist
aber dadurch bewiesen, daß der Kerr publizistisch bereits versöhnt
war und daß nur noch die Besiegelung durch persönlichen Verkehr er
folgen mußte. Wäre der Kerr nach dem Eintritt ins Tageblatt Gegner
Reinhardts geblieben, so hätte er dem offenbaren Plan, ihn mit Reinhardt persönlich zusammenzuführen, widerstreben müssen. (Das persön
liche Zusammentreffen bildet doch den denkbar stärksten Kontrast zu
der in Berlin behaupteten Ausweisung des Kerr aus dem Deutschen Thea
ter.) Wir glauben, daß dieser Gesichtspunkt für die Antwort wichtig
wäre. In Verbindung mit dem Geständnis des Wolff, das nur als ein
Prävenirespielen erklärt werden kann, bietet der Aufsatz „Das Unmögliche“ ein unschätzbares Dokument. Wenn Sie es für nötig halten, daß
dem Gericht nicht nur das Heft der Fackel mit dem wörtlichen Abdruck
des Telegramms im Neuen Wiener Journal vom 15. Oktober 1926, sondern
auch die Nummer dieses Blattes, vermutlich die vom 16., vorgelegt
wird, so erbitten wir Ihre frdl. Mitteilung.


Mit den besten Empfehlungen des Herrn K. zeichnen wir
in vorzüglichster Hochachtung


NB. Die „Prager Presse“ hat ein Berliner Bekannter zu beschaffen
und Herrn Fischer zu senden versprochen.