New Yorker Staatszeitung, 5.12.1928Die Fackel


Sehr verehrter Herr Kraus,


Ich bestätige Ihnen bestens dankend den Eingang
des letzten Briefes sowie der zwei Hefte der „Fackel“.


Ich habe sofort an den Kollegen Sameck den für
den Kerr-Prozeß erforderlichen Erklärungsentwurf abge
schickt. Über die Art, wie er verwandt werden muß, habe
ich ebenfalls genaue Mitteilung gemacht.


In der Anlage erhalten Sie die von Ihnen ge
wünschte Abschrift des Ausschnitts aus der „New YorkerStaats-Zeitung“ von Mittwoch, den 5. Dezember 1928.


Für den Prozeß Wolff habe ich alle notwendigen
Vorbereitungen mit Herrn Direktor Fischer besprochen.
Ich werde demnächst auch den landsbergschen Schriftsatz
sachlich verantworten und dazu das ausgezeichnete Material
verwenden, das mir der Verlag der „Fackel“ überwiesen
hat. Vorerst habe ich dies nicht getan, um zunächst
einmal ein franzmoorisches Mittel gegen den Kerr anzu
wenden. Ich habe also einen ganz wilden Schriftsatz
losgelassen und dem Gericht und Herrn Theodor Wolff zu
gestellt. In diesem erkläre ich, daß es meine größte
Sorge ist, sofort nach Bekanntgabe der Ankunft Reinhardts einen Termin zu bekommen und davon so recht
zeitige Mitteilung zu erhalten, daß Herr Kraus unbedingt
dem Termin beiwohnen kann. Denn Herr Kraus wünsche
selbst die Befragung des Herrn Kerr zu übernehmen und
diesem wichtige Vorhaltungen zu machen. Nächste Woche
folgt dann die sachliche Antwort auf Platons – verzeihe
Plutons Gastmahl. Danach werde ich die Befangenheits
erklärung in Sachen Kerr diktieren. Darf ich dazu – zum
Punkt öffentliche Zustellung – Ihre wiener Privatadresse
angeben, oder wünschen Sie dies nicht?


Das Kriegsgedicht des Kerr ist im Augenblick für
mich nicht zu verwerten. In der nächsten „Fackel“ wird
es ja wohl seinen Ehrenplatz finden. Ich habe das Gedicht,
das mir nicht entgangen war, als das schändlichste
„Haltet den Dieb“ empfanden, das je gerufen wurde.


Aber verlassen Sie sich darauf: es geht Großes
vor. Kerr wird eines Morgens aufwachen und sich berühmt
finden. Es wird dafür gesorgt, daß der Ruhm des Kerr in
die Ewigkeit eingehen wird.


Bis dahin bin ich mit herzlichen Grüßen für
Sie


Ihr ganz ergebener
Dr. Laserstein