Unkorrigierte Abschrift.
zur gef. Kenntnisnahme
übersandt.
Berlin, den 1. März 1929
An das
AmtsgerichtBerlin-Mitte
Alt Moabit 11
In Sachen
Kraus./. Wolff
– 149.B.709/28 –
wird auf den Schriftsatz vom 31. Januar 1929
folgendes erwidert:
Zu
b)
Ich überreiche in
der Anlage das Exemplar
der
„Prager Presse“ mit den
Aeusserungen
Maximilian
Hardens. Dafür, daß sowohl
der Angeklagte
wieder Zeuge Kerr von dieser
Nummer spätestens am 28. November 1927 Kennt
nis hatten, berufe ich
mich
a. auf das Zeugnis des Dr.
Kerr
b. auf das Zeugnis des
Schriftstellers
Franz
Pfemfert, Berlin-Wilmersdorf,Nassauischestr. 17.
Zu a)
Es wird nochmals darauf
hingewiesen, daß
der Herr Privatkläger
in der Fackel nicht die
Behauptung aufgestellt hat,
daß ein unsau
berer Pakt zwischen dem Angeklagten und
dem Zeugen Kerr
geschlossen worden ist,
sondern nur, daß Maximilian Harden und Pfemfert dieses
behauptet haben und daß der Angeklagte und Kerr in
Kenntnis dieser Behauptung
zu
ihr geschwiegen haben. Wenn nun jetzt
plötzlich der Angeklagte
ohne ersichtlichen
Grund und
ohne, daß infolge der Nähe eines
Termins ein Anlass zu einem
vorbereitenden
Schriftsatz vorlag, die
bisher stets abgestrittene
Behauptung des Versöhnungsmahles zugibt, so ist dieses
Geständnis überaus wertvoll.
Es wird dazu folgendes
bemerkt:
Der Privatkläger
hat über das Versöhnungsmahl in
dem anliegenden Heft der
Fackel vom Dezember 1926 be
richtet. Damals war, wie der
Schriftsatz das „Unmögliche“
auf Seite 48ff. des
genannten Hefts beweist, der Name
des Gastgebers dem
Privatkläger völlig unbekannt. Daß
der Angeklagte
selbst der Veranstalter des Gastmahls
und der Stifter der nunmehr
auch persönlichen Versöhnung
der Herren Reinhardt und Kerr war, ist
eine überaus
dankenswerte
Enthüllung und ein neues Indiz für die
Richtigkeit der Harden’schen
Behauptung. Die Ableugnung
der Tendenz des Arrangements, die Reduzierung
des Falls auf den
gesellschaftlichen Zufall stellt
eine Unterschätzung des
Scharfsinnes des Gerichts dar,
die nur die Verzweiflung
eingegeben haben kann. Durch
das Geständnis des Angeklagten, betreffend die Tat
sachen des Gastmahls und das
publizistische Echo, das
sie
gefunden hat (vergl. Seite 50 des anliegenden
Heftes
der Fackel) dürfte wohl die Absicht, die dem
behaupteten Pakt zugrunde
liegt, einwandsfrei fest
gestellt sein. Daß etwa der
Zeuge Kerr
nicht gewusst
hat, wen er am
Tisch seines Chefs treffen wird, wird
er hoffentlich eidlich nicht
behaupten, da dies
von
vornherein unglaubwürdig ist. Der Angeklagte woll
te seinem Kritiker
hinsichtlich Reinhardts milde stim
men, er wollte gemäß seinem
Versprechen gegenüber
Reinhardt die scharfen Angriffe gegen diesen
vermeiden
und hat aus
diesem Grunde beide an seinem Tische zu
sammengeführt. Der Angeklagte
verfolgt mit seinem
Schriftsatz offensichtlich den Zweck, durch den
Umstand
daß das
Versöhnungsmahl lange Zeit nach dem Eintritt
des Herrn Kerr in das
„Berliner
Tageblatt“ stattge
funden hat, den Beweis zu
führen, daß die Pazifizierungdesbezüglich
Reinhardt keine Bedingung des Kerr’schen
Eintritts
in das „Berliner
Tageblatt“ war.
In Wahrheit wird dadurch
aber bewiesen, daß dieser
publizistisch bereits versöhnt war und daß nur noch
die Besiegelung durch
persönlichen Verkehr erfolgen
mußte. Wäre Kerr so wie früher gegen Reinhardt
einge
stellt
gewesen, so hätte er dem offenbaren Plan, ihn
am Tisch seines Chefs mit
Reinhardt persönlich zusam
menzuführen, widerstreben
müssen.
Danach kann der Schriftsatz vom 31. Januar 1929
der Beweisaufnahme gegenüber
nur als Prävenirespielen
gedeutet werden.
Die Gegenüberstellung der
Kritiken des AlfredKerr
wird fristgemäß erfolgen.
Abschrift ist dem Gegner direkt
zugestellt.
gez. Dr. Laserstein
Rechtsanwalt.