Berliner TageblattVerleumdungsparadies


Otto Landsberg Berlin W 15, den 7. März 1929
Rechtsanwalt Schaperstrasse 21, Tel. Oliva 762


Zur gefl. Kenntnisnahme
übersandt.


Berlin, den 14. März 1929
Hochachtungsvoll
i/A. Dr. Laserstein
Rechtsanwalt.


An das
Amtsgericht Berlin-Mitte
Alt-Moabit 11


In Sachen
Kraus ./. Wolff
149 B 709/28


glaube ich es der Würde des Gerichts
schuldig zu sein, von einem Eingehen
auf die Spitzfindigkeiten des gegneri
schen Schriftsatzes vom 1. d.M. abzu
sehen. Wenn der Privatkläger in der
Auslassung des Angeklagten über das
angebliche Versöhnungsmahl ein Einge
ständnis seiner Behauptungen erblickt,
so beweist er damit nur dieselbe keine
Skrupeln kennende Kühnheit, die der
Versuch erkennen lässt, zu leugnen,
dass er sich die angebliche Aeusserung
Hardens zu eigen gemacht habe.


Auf Seite 81 des Heftes derFackel vom Dezember 1928, das ich in
einem Stück beifüge, hat der Privatkläger geschrieben:


„Ich weiss, dass es ein frecher
Schwindel ist, wenn vor den Lesern
des Berliner Tageblattes so getan
wird, als ob ich mir diese Worte
eines Sterbenden, das von ihm be
hauptete Faktum, unmittelbar zu
eigen gemacht hätte.“


Dem Satze geht nicht nur die Wiedergabe der Veröffent
lichung des Herrn Dr. Kerr aus dem Tageblatt (mit der Ueber
schrift „Verleumdungsparadies“), sondern auch der Abdruck
der den Gegenstand der Privatklage bildenden Erklärung
des Angeklagten voran. Nach dem Zusammenhang ist es klar,
dass der Vorwurf des frechen Schwindels beiden Herren hat
gemacht werden sollen. Er stellt eine nach den §§ 185, 186,
187 RStGB strafbare Beleidigung dar, wegen deren ich namens
des Angeklagten gegen den Privatkläger Strafantrag stelle
und
Widerklage
erhebe.


Zwei Abschriften füge ich bei.


(gez.) Landsberg,
Rechtsanwalt