Aetherwellen


Abschrift!


Tatbericht.


1. November 1928 reichte ich an den Verlag Rud. Mosse zu Händen des
Generalbevollmächtigten Dr. Martin Carbe ein Gesuch um Gehaltserhö
hung ein, mit der Begründung, dass ich von meinem derzeitigen Gehalt
nicht bestehen könnte, die Redaktionstätigkeit aber gerade für den
Funk derartig angeschwollen sei, dass zu Nebenerwerb kaum mehr Mög
lichkeit bleibe.


2. Anfang Dezember 1928 wurde mir daraufhin durch den Verlagssekretär
Herrn Martin, mitgeteilt, dass mein Gehalt jetzt zwar um ein Geringes
(120 Mk.) aufgebessert würde, dass aber ab 1. Januar 1929 eine endgül
tige Regelung stattfinden sollte. Martin fragte mich ausdrücklich, ob
ich mich mit dieser Lösung einverstanden erklärte, was meinerseits ge
schah.


3. Da mehrfache mündliche Erinnerungen an diese nicht erfüllte Zusage
erfolglos blieben, richtete ich Anfang August 29 ein neues Gesuch in
diesem Sinne an Dr. C.


4. Auch dieses blieb zunächst unbeantwortet. Dann wurde Regelung per
Oktober 29 zugesagt. Endlich ging ich Dr. C. einfach persönlich an. Von
Herrn Lachmann Mosse war ich deswegen nämlich immer wieder an Dr. C.
verwiesen worden. Dr. C. fiel mir sofort in erregter und unhöflicher
Form ins Wort und erklärte: er begreife meine Auffassung nicht, ich
hätte meine Redaktionspflichten aufs Gröblichste verletzt, da ich ne
benberuflich in einer Weise tätig gewesen wäre, die mit meinem redak
tionellen Hauptamt in keiner Form vereinbar wäre. Als Unterlage verwies
er auf einen Brief von der Firma Ultraphon und auf ein Schreiben der
ehemaligen Firma Tri-Ergon (späteren Tonbild Syndikat gleich Tobis.)
Er will diese Schreiben eingefordert haben, weil angeblich in einer
Gesellschaft in seiner Gegenwart im Zusammenhange mit meiner Tätig
keit bei diesen Firmen schlecht gesprochen worden wäre.


5. Der Brief von der Ultraphon behauptet, dass ich dort wegen meiner
Beziehung zum Berliner Tageblatt als Pressechef beschäftigt worden wäre
und dann später von dort zur Konkurrenz gegangen sei. Hierzu ist zu be
merken: a) meine Tätigkeit bei Ultraphon bezog sich ausschliesslich auf
die Sprechmaschine, nicht auf das von mir beim Berliner Tageblatt verwaltete Gebiet, d.h. auf den Rundfunk.


b) Ich ging von Ultraphon fort, weil dort rein quantitiv keine
ausreichende Beschäftigung für mich war und gerade weil mir
allzu deutlich nahegelegt wurde, dass ich meine Stellung im
Berliner Tageblatt für Ultraphon ausnutzen sollte,


c) Da ich auf meinem, d.h. akustischem Gebiete bleiben musste,
musste ich natürlich zu einer Konkurrenz gehen. Das geht
ausserdem den Verlag Rud. Mosse garnichts an. Für den Schrei
ber des Ultraphonbriefes beweist diese garnicht hergehörige
Bemerkung jedoch Voreingenommenheit.


d) Dr. C. verweigert mir den Namen des Schreibers zu nennen.


e) Durch direkte Unterredung mit Dr. Meyerhof, s.Zt. kaufmän
nischer Direktor von Ultraphon, und Herrn Heinrich I. Küchenmeister, s.Zt. Generaldirektor von Ultraphon, habe ich
einwandfrei festgestellt, dass beiden Herren von den an Dr.
C. gerichteten Brief überhaupt nichts bekannt war.


f) Ausserdem liegt die ganze Angelegenheit weit zurück, da ich
seit Januar 1928 nicht mehr für Ultraphon tätig war.


6. Der Tri-Ergon-Brief ist inhaltlich scheinbar exakt und erwähnt eigent
lich nur meine dortigen Bezüge und eine Fahrt nach dem Haag. Hierzu ist
zu bemerken:


a) Meine Tätigkeit bei Tri-Ergon, auch als diese Firma in die
Tobis überging, bezog sich wiederum keineswegs auf Rundfunk
sondern ausschliesslich auf den Sprechfilm.


b) Hierfür schrieb ich selbst Manuskripte, die natürlich ord-
nungsgemäss honoriert wurden. Ausserdem fungierte ich als
künstlerisch literarischer Beirat und leistete dramaturgische
Arbeit.


c) Nach dem Haage fuhr ich, um dort bei der Tentonstellig vorge
führte Sprechfilmsysteme zu begutachten. Diese Fahrt fiel in
eine Urlaubzeit beim B.T. Ich liquidierte bei Tri-Ergon hierfür
kein Sonderhonorar, sondern nur die nakten Reisespe
sen.


d) Trotzdem benutzte ich freiwillig den Aufenthalt in Holland, um
für das Berliner Tageblatt Verbindung mit der Radiofirma Philipps
anzuknüpfen, wovon ich persönlich natürlich nicht den geringsten
Vorteil hatte.


7. In der oben erwähnten Unterredung warf mir Dr. C. ausserdem noch
vor: ein Intendant hätte gesagt, er könne jederzeit für einen Vor
trag zu 200 Mk. alles von mir haben.


8. Herr Dr. C. verweigert mir den Namen des Intendanten, obgleich ich
mich sofort bereit erklärte, gegen diese Verleumdung wie gegen alle
andern gerichtlich vorzugehen.


9. Herr Dr. C. eklärte im Anschluss hieran ferner, er habe erfah
ren, dass mein Ruf in funkischen Kreisen der allerschlechteste sei.
Ich weise (wie ich ihn auch schon darauf hinwies) in diesem Zusam
menhange darauf hin, dass ich 1. Vorsitzender des Verbandes deutscher Rundfunkkritiker bin, dem der grösste und wesentlichste Teil
der gesamten deutschen Funkpresse angeschlossen ist. Ferner bin
ich 2. Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fernsehvereins, der
unter dem Ehrenpräsidium des Reichspostministers Dr. Schätzle,
des Rundfunkkommissars Staatssekretär Dr. Bredow, des Ministerial
direktor im Reichspostministerium Krukow, steht.


10. Da Dr. C. in schroffster Form meine Erwiderungen überhaupt
nicht gelten liess, überhaupt so erregt war, dass sie bei ihm wohl
kaum eingingen, erklärte ich, dass ich unter diesen Umständen
per 31.12.1929 kündige.


11. Jetzt benahme sich Dr. C. wie überhaupt nicht mehr zurech
nungsfähig, brüllte mit Stentorstimme: wenn Sie nicht einsehen,
dass Sie sich als Redakteur unmöglich benommen haben, dann müs
sen wir sofort mit einander Schluss machen.


12. Ich erklärte, dass ich meine Kündigung zum 31.12.29 auf
recht erhalte, aber unter diesen Umständen unter Beanspruchung
meines Gehalts meinerseits nicht daran dächte, nun weiter zu
arbeiten, obgleich dies für mich unter Umständen eine grosse
Berufsschädigung bedeute. Ihr Gehalt steht Ihnen zur Verfügung
war die Antwort.


13. Was dazu sonst noch zu bemerken ist, habe ich zum Teil Dr.
C. in der Unterredung schon bekannt gegeben. Nämlich:


a) Dr. C. musste von meiner Nebenbeschäftigung wissen, da
ich in allen Gesuchen um Gehaltserhöhung schriftlich dar
auf hingewiesen habe.


b) Anlässlich des auf meine Anregung veranstalteten BerlinerTageblatt Funkfluges fragte ich beim Verlage an, ob etwas
dagegen einzuwenden wäre, wenn für Sprechmaschinenüber
tragung aus der Luft Ultraphon benutzt und genannt würde,
da ich hieran persönliches Interesse hätte. Dagegen wurde
nichts eingewendet, vielmehr alles meiner Anregung ent
sprechend ausgeführt. Dr. C. wies ausserdem noch selbst
in seiner auf dem Flugplatz gehaltenen Rede darauf hin,
dass dieser Funkflug vom Berliner Tageblatt gemeinsam mit
der Deutschen Lufthansa und der Ultraphongesellschaft ver
anstaltet würde.


c) Vor etwa 2 Jahren fragte mich Dr. C., ob ich durch meine
Beziehungen einen jungen Mann, an dem ihm gelegen sei
(Herrn Peisert), unterbringen könnte. Ich sagte, dass
mir dies durch meine Position bei Ultraphon möglich sei. Herr
Peister wurde dort auch wirklich untergebracht.


d) Als ich meine Beziehungen zu Ultraphon löste, wurde auch Herr
P. dort bald entlassen. Sobald ich Beziehungen zum Tonbild hatte,
teilte ich dies Dr. C. mit der Begründung mit, dass ich ver
suchen würde, P. nun dort unterzubringen. Auch dies gelang.


e) Als im Herbst 1928 der Tonfilm „Aetherwellen“, zu dem ich das
Manuskript geschrieben hatte, aufgeführt wurde, lud ich Dr. O.
ausdrücklich dazu ein.


f) Ich habe aus meiner Nebenbeschäftigung, die ich für durchaus
legal hielt und noch halte, nie ein Hehl gemacht, sodass diese
im Verlage Rd. Mosse auch sonst offen bekannt war. Zeugen u.a.:
Die Herrn Fischer, Martin, Szatmari, Schmauser, Pelz. Letzerer
sagte sogar zu Dr. C. dass er nicht begreife, wie Dr. C. nichts
davon wissen könne, da doch Weitz ganz offen getan habe.


14. In einer zweiten Unterredung verlangte Dr. C. von mir, ich sol
le ihm schriftlich erklären, dass ich ihn mit dem Hinweis drauf,
er habe von meiner Nebentätigkeit gewusst, nicht an der Ehre krän
ken wollte. Ich erklärte mich dazu untern Umständen bereit. Gesche
hen ist dies jedoch nicht, da ich nicht weiss, worauf Dr. C. da
mit hinauswollte.


15. Ferner wollte Dr. C. von mir eine schriftliche Bestätigung dar
über, dass er von meiner Nebenbeschäftigung nichts gewusst habe,
was den Tatsachen geradzu entgegenläuft.


16. Endlich verlangt Dr. C. von mir schriftliche Erklärung darüber,
dass er von mir niemals eine Gefälligkeit verlangt hatte. Wenn ich
diese Erklärung abgeben würde, würde er unter Umständen mit sich
reden lassen. Hiermit verlangt Dr. C. von mir eine Bescheinigung
über eine öffentliche offensichtliche Unwahrheit. Er hat übrigens
nicht nur im Falle Peisert von mir eine solche Gefälligkeit ver-
verlangt, sondern mich einmal gebeten, dafür zu sorgen, dass
ein damaliger Direktor von Elektrolux untergebracht würde und
schliesslich mich noch gebeten, für Beschäftigung eines Herrn
Cohn zu sorgen, der wie mir der Bruder des Herrn Dr. Carbe,
Herr Rechtsanwalt Cohn, sagte mit Dr. Carbe verwandt sei.


17. Zusammenfassend stelle ich noch einmal fest, dass ich nie
mals irgendwelche Tätigkeit ausserhalb der Redaktion mit der
Redaktionstätigkeit verquickt habe, dass diese Tätigkeit, so
weit honoriert, sich auch niemals auf den Rundfunk bezog. Ich
kann ferner feststellen, dass dar Chefredakteur des BerlinerTageblattes, Herr Theodor Wolff mir in meiner Auffassung zuge
stimmt hat. Auch habe ich nichts anderes getan, als ein grosser
Teil meiner Kollegen, denen niemand ein Vorwurf macht.


18. Als ich im Zusammenhang hiermit Dr. C. fragte, wovon ein
Rundfunkredakteur denn eigentlich leben sellte, entwortete er,
dass ein Rundfunkredakteur von seinem Rundfunkteil auch nicht
zu leben brauche und dass er niemanden aufgefordert habe, Rund
funkjournalist zu werden.


19. Um allen Weiterungen vorzubeugen, weise ich hier gleich
noch auf folgendes hin, obwohl es zwischen Dr. C. und mir nicht
zur Sprache gekommen ist: ich hatte auch natürlich nicht hono
rierte Beziehungen zur Deutschen Fotograph-Gesellschaft. Die
se Beziehungen waren zweierlei Art,


a) Bemühungen für Einführung des Bildfunks in das Rundfunk
progamm, was sowieso zu meiner Aufgabe als Funkmann ge
hörte.


b) Gemeinsame Versuche mit dem Berliner Tageblatt und dem
Norddeutschen Lloyd, zwecks Einführung einer drahtlosen
illustrirten Bordzeitung.


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