Sehr geehrter Herr Kollege!
Mit bestem Dank und
herzlichster Empfehlung
des
Herrn Karl
Kraus teile ich Ihnen über Ihren Wunsch auf Ihre
freundliche Zuschrift vom 4. Juni, die Sie an den Verlag derFackel gerichtet
haben, das folgende mit:
Das prinzipielle Eingehen auf
einen Vergleich
könnte wirklich
nur aus den von Ihnen mit Recht berührten takti
schen Rücksichten in Erwägung
gezogen werden, das heisst also,
wenn Sie tatsächlich der Ansicht sind, dass ein Vergleichsvor
schlag, dessen Ablehnung von der
Gegenseite sicher zu erwarten
ist, gleichwohl auf dem Niveau der Judikatur, die die Sache als
Privathandel betrachtet, den
ungünstigen Eindruck vermeiden
hilft, den eine prinzipielle Vergleichsverweigerung hervorruft.
Zu diesem Zwecke könnte Ihr sonst
ausgezeichneter Vorschlag
aber
nur mit solchen Ergänzungen eingebracht werden, die den
Sachverhalt ausgiebig darstellen,
also der Gefahr begegnen, dass
auch nur einem Aktenstück die Version zu entnehmen sei, dass in
der Beurteilung des Falles Kerr irgend eine Konzession gemacht
wird. Wenn man auch ohne weiters
und vor aller Welt zugeben kann,
dass in jenem Vortrage die
Aeusserung Hardens
nicht in ihrem
Inhalte – der
Behauptung eines formellen Vertragsabschlusses –
annektiert wurde, so muss doch
Klarheit in der Richtung ge
schaffen werden, dass Herr Kraus eine
tatsächlich vollzogene
kritisierte Sinnesänderung des Kerr nach wie vor
behauptet, die
sich eben durch
den blossen Uebertritt von Scherl zu Mosse in
Sachen Reinhardt von selbst verstand.
Es wäre also der erste Absatz
von „Der Angeklagte
Wolff“ bis „ohne jede Berechtigung erfolgt
sind“ – als die uner
lässliche Erklärung des Herrn Wolff zu belassen. Das folgende
Wort des nächsten Absatzes
„Hiernach“ könnte
sowohl
statt
eines
temporellen wie auch einen causalen Sinn haben und wäre
wegen
eines
des
Missverständnisses zu vermeiden. Ich würde vorschlagen,
anzuschliessen:
„Der Privatankläger
erklärt, dass zur Aufrechterhaltung
des Ausdruckes ‚frecher Schwindel‘ in
seinem Vortrage vom 1. Okto
ber 1928, abgedruckt Nr. 795–799
der Fackel, Anfang Dezember 1928,
kein Anlass mehr vorhanden
sei. Jene Bemerkung bezog sich auf den
Versuch des Angeklagten, die
Mitteilung des Privatklägers über die
erwähnte Aeusserung Hardens so zu deuten, als habe der Privatkläger sich deren
Inhalt zu eigen gemacht, obwohl er aus dem
Text
der Fackel erkennen
musste
konnte
, dass von vornherein der Privatkläger die Uebernahme
der Beschuldigung als solche und eine Iden
tifizierung mit derselben
nicht im Sinne hatte, sondern lediglich
die Tatsache kritisierte, dass
auf die Beschuldigung Hardens, die
Franz Pfemfert
veröffentlicht
hat
hatte
und die durch die divergierende
Haltung Kerr’s eine Stütze zu finden schien, keine Antwort erfolgt
ist. Da sich herausstellte,
dass der Angeklagte durch eine falsche
3Information
über den Inhalt des Vortrags irregeführt, der Meinung
war, dass eine solche
Uebernahme und Identifizierung tatsächlich
erfolgte, so ist zu dem
Vorwurf einer dolosen Deutung, die mit
den Worten ‚frecher Schwindel‘
charakterisiert war, kein Grund
vorhanden.“
Wenn diese Abänderung Ihres
Vorschlages Ihre
Billigung
findet, so bitte ich Sie also den Ausgleichsvorschlag
einzureichen.
Mit vorzüglicher kollegialer
Hochachtung