Vossische ZeitungJuristische Wochenschrift, 27.4.1929Vossische Zeitung, 3.4.1929


Sehr geehrter Herr Kollege,


in Beantwortung Ihres Schreibens vom 2. d.Ms. teile
ich Ihnen Folgendes mit:


Ich habe mir leider die Nummer der Vossischen Zeitung vom 3. April d.Js. nicht beschaffen können, wäre aber
ohnehin zu dem Ergebnis gelangt, daß Ihre Strafanzeige
sofort zurückgewiesen werden würde. Das Bayrische Oberste-Landesgericht hat nämlich schon vor Jahren den Standpunkt
vertreten, daß nur das Begleitschreiben nicht aber die Be
richtigung von dem Anwalt des Berichtigers unterschrieben
sein darf. Die Berichtigung selbst muß von dem Beteiligten,
vorliegend also von Herrn Kraus, unterschrieben sein. Diesen
Standpunkt billigt in einer neusten Entscheidung der 4. Straf
senat des Kammergerichts. Die Entscheidung ist erst jüngst
in der juristischen Wochenschrift vom 27. April 1929 Seite
1258 veröffentlicht. Bevor daher eine Anzeige erstattet wird,
rate ich, die Berichtigung nochmals von Herrn Kraus unter
schreiben zu lassen und der Vossischen Zeitung zu übersenden.
Im übrigen entspricht die Berichtigung vom 16.April d.Js.
überhaupt nicht dem Deutschen Pressgesetz. Denn die Berichti
gung muß auf einem besonderen Blatt geschrieben und darf nicht
im Aufforderungsschreiben enthalten sein, weil sie sonst nicht
sofort druckfertig ist. Der verantwortliche Redakteur braucht
sie nicht sich auszuschneiden.


Sollten Sie sich dieser meiner Ansicht nicht anschlies
sen, so bin ich selbstverständlich bereit, mir unverzüglich
die Vossische Zeitung zu beschaffen und die Strafanzeige
zu entwerfen.


Mit koll. Hochachtung
ergebenst
Dr. Laserstein
Rechtsanwalt.


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