1 U 187/29
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Im Namen der
Republik!
Das Strafbezirksgericht I in Wien als Pressegericht hat heute in
Gegenwart des
Privatanklagevertreters Dr. Oskar Samek und des
Angeklagten
Karl Kraus gegen Dr. Julian
Sternberg, 60 Jahre alt, verh.
hatte und über der vom Ankläger gestellten Antrag auf Bestrafung des Besch.
und Verpflichtung zur
Veröffentlichung der Berichtigung in der Zeitung:
„Neue Freie Presse“ zu Recht erkannt:
Dr. Julian Sternberg wird von der
wider ihn erhobenen Anklage,
er habe im Mai 1929 in Wien, als verantwortlicher Schriftleiter der Zei
tung: „Neue Freie
Presse“ sich grundlos geweigert, die von Dr. Oskar Samek
verlangte Berichtigung von in der Nummer 23212
der genannten Zeitung vom
29. April 1929 in der Ankündigung: „Wr. Konzerthaus. Kleiner Saal: Jessie King.
Liederabend. Halb 8
Uhr“ mitgeteilten Tatsachen zu veröffentlichen, gem.
§ 259/3 St.P.O. freigesprochen.
Gem. § 390 St.P.O. hat der Privatankläger die
Kosten das Straf
verfahrens zu ersetzen.
Entscheidungsgründe.
Durch das Impressum, bezw. die
Angaben des Beschuldigten ist erwie
sen, dass der Beschuldigte während der in
Betracht kommenden Zeit der ver
antwortliche Schriftleiter der Zeitung: „Neue Freie Presse“ war, dass er
das
Berichtigungsschreiben vom 13. Mai erhalten hat und dass seither mehr als 2
Nummern der genannten Zeitung
erschienen sind, die verlangte Berichtigung
aber nicht veröffentlicht wurde.
Das Gericht hatte zu prüfen, ob die Weigerung des Beschuldigten,
die Berichtigung zu veröffentlichen grundlos war.
Das Gericht ist der Ansicht, dass die verlangte Berichtigung den
pressgesetzlichen Bestimmungen über das Berichtigungsrecht nicht entspricht,
weil in der berichtigten Stelle
nicht davon die Rede ist, dass an diesem
Tage lediglich der Liederabend Jessie King und
nicht auch andere
Veranstaltungen
im Konzerthause stattfanden.
Da somit eine Berichtigung von gar nicht mitgeteilten
Tatsachen verlangt wurde, war
der Beschuldigte
berechtigt die Veröffent
lichung zu verweigern.
Da somit ein strafbarer
Tatbestand nicht gegeben ist, war der Beschuldigte
gem. § 259 St.P.O. freizusprechen.
Gem. § 390 St.P.O. war als Folge des Freispruches dem Privatankläger
der Ersatz der Kosten des
Strafverfahrens aufzuerlegen.
B.
Kosten einbringlich.