Sehr geehrter Herr Kollege!


Das Amtsgericht hat auf die Privatklage
inzwischen das Hauptverfahren eröffnet, hat aber auf die Nachricht,
dass Vergleichsverhandlungen schweben, das gerichtliche Verfahren
bis zur Stellung weiterer Anträge durch uns ruhen lassen.


Jetzt geht von Herrn Schabbel der anlie
gend in Abschrift mitgeteilte Brief ein, zu dem ich folgendes be
merken möchte:


Richtig ist es, dass im Strafverfahren
auf eine Busse nur erkannt werden kann, „wenn die Beleidigung
nachteilige Folgen für die Vermögensverhältnisse, den Erwerb oder
das Fortkommen des Beleidigten mit sich bringt“ (§ 188 des Strafgesetzbuchs). Diese Voraussetzung möchte ich ohne weiteres für ge
geben halten. Ich habe aber im Strafverfahren einen Antrag auf
Busse bisher nicht gestellt, weil nach § 188 Abs. 2 eine Busse die
Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs ausschliesst
und hierdurch unser zivilrechtlicher Anspruch gefährdet werden
könnte. Natürlich steht nichts im Wege, vergleichsweise eine Busse
zu beanspruchen.


Richtig ist ferner der Hinweis des Gegners,
dass die vergleichsweise geforderte Erklärung weitergeht als un
ser Antrag im Zivilverfahren. Im Zivilverfahren durfte der An-
trag kein Wort mehr enthalten, als für die Rücknahme der Beleidi
gung erforderlich ist.


Unrichtig ist der Hinweis, dass ein Beweis für
einen Schaden nicht angetreten sei und dass aus diesem Grunde die
Gegenseite nicht die Kosten zu übernehmen brauche. Der Schaden
liegt nach der Auffassung der Rechtsprechung schon in der Ver
öffentlichung der beanstandeten Sätze selbst und der Klagantrag
auf Rücknahme der Behauptung zielt auf Ausgleich eben dieses
Schadens ab.


Ich habe dem Gegner, für den Fall des Vergleichs,
und der Übernahme aller Kosten durch ihn, folgende Rechnung aufge
stellt:


Busse RM 200.–
Ihr Kostenanspruch. RM 80.–


Privatklageverfahren.
Gerichtskosten. RM 15.–
Anwaltskosten. RM 40.–


Zivilverfahren.
Gerichtskosten bei Klagrücknahme. RM 12.50
Prozessgebühr RM 75.–
Vergleichsgebühr. RM 75.–
Zustellungskosten. RM 1.90
Umsatzsteuer. RM 1.40
Porti, Belegstücke RM 2.45
RM 503.25.


Für den Fall, dass wir nicht zum Vergleich kommen,
hat der Gegner mit folgenden Kosten zu rechnen:


Im Privatklageverfahren
Geldstrafe.
Gerichtskosten RM 30.–
Anwaltskosten RM 60.–


Im Zivilverfahren werden die Beklagten möglichen
falls den Klaganspruch anerkennen und haben dann ausser ihren
eigenen Anwaltskosten zu tragen


Gerichtskosten RM 50.–
meine Anwaltskosten RM 112.50.


Ausserdem wird das Gericht vermutlich eine Gebühr für Sie mit
RM 75.– zubilligen. – Falls die Gegner nicht anerkennen, sondern
verurteilt werden, erhöhen sich die Kosten für sie um gesamt
RM 237.50 einschliesslich ihrer eigenen Anwaltskosten.


Ich hoffe Ihnen hiermit ein ausreichend klares
Bild gegeben zu haben, sodass Herr Kraus zu dem Gegenvorschlag des
Herrn Schabbel Stellung nehmen kann.


Mit kolleg. Hochachtung
Dr. Lion


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