Sehr geehrter Herr Doktor.
Herr Karl Kraus ersuchte
mich, Ihnen,
sehr geehrter Herr Doktor, das
Ergebnis meiner Erhebungen über
die Verhältnisse des ehemaligen Konzertdirektors ErichSchamschula bekanntzugeben.
Ich gestatte mir daher
mitzuteilen,
dass ich
folgendes erhoben habe:
Erich Schamschula
wohnt in Prag XII,Třebízského Nr. 8 und hat
vor einigen Jahren in Prag eine Konzertdirektion errichtet,
die ursprünglich von ihm allein, später
gemeinsam mit Mark Bičurin unter der Bezeichnung KONZERTDIREKTIONAMÉ betrieben wurde. Als
Schwiegersohn eines angesehenen und
vermögenden Prager Arztes hatte er anfangs auch Kredit. Vor Er
richtung der Konzertdirektion war er Vertreter einer Gramofon
firma, für welche er
offenbar auf eigene Rechnung Apparate
und Platten verkaufte. Bei diesem
Unternehmen dürfte er grössere
Verluste erlitten haben. Auch mit der Konzertdirektion ging es
nicht besser und die Gesellschaft mit Bičurin
wurde vor circa
1 1/2 Jahren
aufgelöst. Schamschula war Konzessionär und hat
die
Konzession bis heute nicht
niedergelegt, betreibt jedoch die
Konzertagentur nicht weiter, während Bičurin als Konzertdirektor
auch heute tätig ist. Nach
Auflösung der Gesellschaft mit Bičurin
übernahm Schamschula zuerst die Vertretung der Firma August Förster,
Klavierfabrik-Georgswalde, für welche er insbesondere in der Slowa
kei als Agent tätig war. Da er
bei seinen unglücklichen geschäft
lichen Unternehmungen bedeutende
Schulden kontrahiert hatte, liefen
gegen ihn unausgesetzt Exekutionen ein, sodass seine Provisions
forderungen bei der Firma Förster – wie mir gesagt wurde –
beinahe
während seiner ganzen
Tätigkeit bei dieser Firma gepfändet waren
und blieben. Es ist nicht
bekannt, ob er deswegen aus den Diensten
dieser Firma entlassen wurde, oder ob er freiwillig die
Vertretung
der Firma Förster gegen die der Firma Scholze Klavierfabrik- Georgswalde, ausgetauscht hat. Auch jetzt noch sollen Exekutionen gegen
ihn geführt werden, doch scheint
sich seine Situation insoferne ge
bessert zu haben, als er für die
Firma Scholze erfolgreich tätig
ist, daher an Provisionen für den
Verkauf der Scholze-Klaviere
immerhin grössere Beträge
erhalten musste. Er hält sich sehr selten
in Prag auf und bereist oft monatelang als Agent dieser Firma hauptsäch
lich die Slowakei. Sein Ruf ist
nicht besonders gut und es wird
bezweifelt, ob grössere Beträge bei ihm eingetrieben werden können.
Ich bitte, vorläufig diese
Mitteilung zur Kenntnis zu
nehmen
und bin gerne bereit, Herrn Kraus und Ihnen weitere
Informa
tionen zu
besorgen und auch sonst in dieser Angelegenheit behilf
lich zu sein.
Mit dem Ausdrucke vorzüglichster
Hochachtung
Ihr ergebener:
Dr. Turnovsky