Hochgeehrter Herr Kraus.
Leider muss ich Sie in der
Angelegenheit
gegen Erich
Schamschula belästigen. Bei der heutigen Hauptver
handlung war der persönlich
erschienene Schuldner zum ersten
Male durch einen Anwalt vertreten und brachte Folgendes
vor:
Es besteht zwar aus der
Verrechnung über
die durch
Schamschula arrangierten Vorträge für Sie ein ge
wisses Guthaben, Schamschula
hat Sie jedoch ersucht, ihm den
schuldigen Betrag als
Darlehen zu belassen. Die Endabrechnung
hätte nach Abhaltung der
weiteren, damals geplanten Vorträge
erfolgen sollen. Da Sie auf
den betreffenden Brief nicht ge
antwortet haben, musste Schamschula
annehmen, dass Sie mit
seinem
Vorschlage einverstanden sind umsomehr, als er gegen
Sie auch noch eine Forderung
aus dem Arrangement eines Vor
trages in Gablonz a.N. hat. Für das Arrangement dieses Vor
trages hat er bisher keine
Entlohnung erhalten.
Trotzdem ist er bereit, den
Betrag von
939.– Kč,
beginnend mit 1.I.1934, in kleinen Monatsraten zu
bezahlen. Grössere Zahlungen
kann er nicht leisten, zumal er
keinen ständigen Erwerb hat
und nur hie und da in dem neu
gegründeten Prager Symfonieorchester
gegen ganz geringe Ent
lohnung als Geiger
beschäftigt ist. Er beantragt Ihre Einver
nahme als Zeuge über die
Darlehensgewährung und Gegenforderung.
Darauf erklärte ich, dass
von einer Dar
lehensgewährung oder gar einer Gegenforderung absolut keine
Rede sein könne und teilte
dem Gerichte mit, dass Sie gerade
in Prag anwesend seien und vernommen werden könnten.
Der Richter ersuchte mich, zu veranlassen, dass Sie im Laufe
des heutigen Vormittages bis
2 Uhr nachmittags im Verhandlung
saal Nr. 82 – II Stock des
Strafbezirksgerichtes Prag – II
Ecke Lazarská und Spálená ulice / Brenntegasse / erscheinen.
Da ich Sie nicht stören
wollte, anderer
seits aber selbst durch andere Verhandlungen verhindert bin,
Ihnen das Ersuchen des Richters persönlich mitzuteilen und
Sie zu Gericht zu begleiten, gestatte ich mir Ihnen auf
diesem
Wege den Wunsch
des Richters bekanntzugeben und Sie zu
bitten,
wenn es Ihnen
möglich ist, in der angegebenen Zeit selbst bei
Gericht zu erscheinen.
Sollten Sie der Aufforderung
des Gerichtes
nicht nachkommen können,
dann wollen Sie bitte durch den
Hotelportier unter Tel. Nummer 315-5-1, oder 315-5-4, Herrn
Bezirksrichter Dr. Josef Gednorožec verständigen lassen,
gegebenen
falls angeben, wann Sie erscheinen können.
Ich zeichne in
vorzüglichster Hochachtung
Ihr ergebener:
Dr. Turnovsky