Blaubart


Abschrift,


Erklärung.


In Sachen Dr. Paul Pisk, Wien gegen Karl Kraus, Wien gibt die
Endesunterzeichnete Opernsängerin Hanna Schwarz, derzeit am
Staatlichen Theater zu Kassel tätig, folgende Erklärung zu den
Akten:


Ich war am Freitag, den 7. Juni 1929 zusammen mit Herrn Dr.
P.A. Pisk in einem Offenbach-Vortrag des Herrn Karl Kraus im
Saale des Ingenieur- & Architektenvereines Wien in der Eschenbachgasse. Herr Kraus trug an diesem Abend die Operette „Blaubart
vor. Wir wollten vor Beendigung des Vortrages weggehen und standen
schon an der Tür, als Herr Kraus die Bemerkung in seinen Vortrag
einflocht:


„Es hat sich ein ‚Schlieferl‘ eingeschlichen
und morgen werden Sie wahrscheinlich in der Zeitung
lesen, dass ich nicht singen kann.“


Es war mir sofort klar, dass mit diesem „Schlieferl“ niemand
anders gemeint war, als Herr Dr. Pisk, denn es war mir bekannt,
dass Herr Dr. Pisk einige Tage zuvor einer dritten Person gegen
über eine Bemerkung kritischer Art über Herrn Kraus abgegeben
hatte. Diese Bemerkung wurde Herrn Kraus wahrscheinlich hinter
bracht.


Die Art und Weise, wie Herr Kraus die beleidigende Aeusserung
tat liess in mir keinen Zweifel offen, dass er damit nur Herrn
Dr. Pisk hatte treffen wollen, denn die Aeusserung war durchaus
an eine einzelne Person gerichtet und trug keineswegs allgemeinen
Charakter.


Ich bin jederzeit bereit, diese Erklärung zu beeiden.


Kassel, den 10. November 1929 Hanna Schwarz m.p.