Sehr geehrter Herr Doktor Samek!
Gemäß meinem Versprechen habe
ich
die Tätigkeit des Herrn
Dr. Paul AmadeusPisk in einem
rechtgerichteten Berliner Blatte
nachgeprüft. Das Ergebnis dieser Nachprüfung
ist die Feststellung, daß Herr
Dr. Pisk zwar
nicht am Berliner Lokal-Anzeiger mitar
beitet (wie ich auf Grund einer
mißver
ständlichen
Mitteilung angenommen habe), daß
er jedoch zu den ständigen Mitarbeitern
der Berliner Börsen-Zeitung gehört, welche
noch weiter rechts steht als der
Lokal-Anzeiger. Dieser, ein Hugenberg-Blatt, ist
„bloß“ deutschnational, während die Börsen-Zeitung, wie Sie aus der
beigefügten Abendausgabe vom 9. September
(S. 2) ersehen, die Parole
„Fort von Hugenberg!“ ausgegeben hat, um
im Wahlkampf sogar die Konservativen
zu unterstützen. Ebendiese Abendausgabe,
auf deren zweiter Seite der Satz
steht: „Es
genügt
nicht, daß man gegen den Mar-
xismus und Sozialismus den
schärfsten Kampf
ansagt; er muß aktiv durchgeführt
werden“
–
enthält, wie Sie sehen, auf der
dritten Seite einen Bericht über das „Internationale
Musikfest in Lüttich“, den Herr
Dr. Paul A. Pisk als „unser Sonderbe
richterstatter“ verfaßt hat. Um Ihnen
vor den Wiener Richtern, welche
die stock
nationalistische Börsen-Zeitung vielleicht
mit
dem liberalen Börsen-Courier verwechseln, den
Beweis zu erleichtern, daß jene
ein Blatt
ist, an dem nur ein
„Sozialist“, der
die Bezeichnung
„Schlieferl“ wirklich ver
dient, mitarbeiten kann – habe
ich
mir die beigefügte Nummer vom Wahl
tag (14. September) verschafft
die zwar keinen Beitrag des Herrn
Pisk
publiziert, aber, auf der ersten
Seite,
die schärfsten
antisozialistischen Attacken
vollführt hat. Dem Beweis, daß Herr Dr.
Paul Amadeus Pisk
ständiger Mitarbeiter
der Berliner Börsen-Zeitung ist, möge der
Nachweis dienen, daß er ebenda in
der
Zeit vom 1. Januar bis zum
30. April
1930 die folgenden
Beiträge hat erscheinen
lassen:
1) „Theaterkarneval in Wien“ (9. Januar, morgens, in der Unterhaltungs-Beilage
„Kunst/Welt/Wissen“);
2) „Verdis ‚Simone Boccanegra‘ inder Wiener Staatsoper. Uraufführung der Werfelschen Neufassung“ (13. Januar, abends,
auf Seite 3 des Hauptteils);
3) „Wiener Lustspielpremieren“ (17.Januar, morgens, in „Kunst/Welt/Wissen“);
4) „Wiener Premieren“ (29. Januar,morgens, in „Kunst/Welt/Wissen“);
5) „Wiener Theater“ (19. Februar,abends, auf Seite 3 des Hauptteils);
6) „Wiener Premieren“ (26. Februar,morgens, in „Kunst/Welt/Wissen“);
7) „Uraufführung einer neuen Sinfonie in Wien“ (15. März, morgens, in
„Kunst/Welt/Wissen“);
8) „Wiener Premieren“ (20. März,abends, auf Seite 3 des Hauptteils);
9) „Wiener Theaterbrief“ (25. März,morgens, in „Kunst/Welt/Wissen“);
10) „Wiener Premierenhochflut“ (3.April, morgens, in „Kunst/Welt/Wissen“);
11) „Eine nachgelassene Janaček-Oper.
Uraufführung am Nationaltheater inBrünn“ (16. April, morgens, in „Kunst/
Welt/Wissen“);
12) „Neues Theater in Wien“ (17.April, morgens, in „Kunst/Welt/Wissen“);
13) „Wiener Osterpremieren“ (25.April, morgens, in „Kunst/Welt/Wissen“).
Also in 4 Monaten 13
Beiträge;
ungefähr im Umfang
von je 150 Zeilen;
im Thema nicht
nur Musik-, sondern
oft auch
Dramenkritiken (z.B. Kritik
der
Hilpertschen ‚Fiesco‘-Aufführung im
Burgtheater). Der Beitrag vom 15. März
ist
als Bericht „unseres Dr. P.-Mitarbeiters“
erschienen; unter dem Text der
anderen
von mir genannten
Beiträge findet sich
durchweg der
Name „Dr. Paul A. Pisk“.
Regensburgers Schrift „Die
preßgesetzlicheBerichtigungspflicht“, eine Rostocker Disser
tation, ist, wie ich nun endlich
feststellen
konnte, im Jahre
1911 in Braunschweig
erschienen; statt einer
Verlagsangabe ent
hält
sie die Bezeichnung „Druck von
Joh. Heinrich Meyer“.
Mit der Bitte um Bestätigung des
Em
pfangs dieser
Sendung und mit herzlichen
Grüßen
– auch an Herrn Kraus –: