Arbeiter-Zeitung, 12.11.1929Das Jubiläums-Arbeiter-Symphoniekonzert.Berliner Börsen-Zeitung, 15.11.1929 (inkl. Unterhaltungs-Beilage)Schönberg-Uraufführungen in Wien.Die Fackel


Abschrift.
15 a Bl 132/31


Berufungsverhandlung vor dem Landgerichte in Strafsachen I
am 21. März 1931


Strafsache gegen Karl Kraus
wegen § 491 StG


Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit und punkto Schuld und
Strafe gegen das Urteil des Strafbezirksgerichtes I in Wien
vom 4.12.1930 Geschäftszahl 4 U 114/30/18


Gegenwärtig:


Vorsitzender Hofrat Neuwirth
Richter Hofrat Heidrich
Hofrat Dr. Zaczek
Hofrat Dr. Demel
Schriftführer Justizsekretär Hanak
Privatankläger Dr. Paul Amadeus Pisk
sein Vertreter Dr. Otto Pisk lt. O.V. vom 12.7.1929


Verteidiger Dr. Oskar Samek lt. O.V. vom 27.7.1929 für den
Angeklagten Karl Kraus.


Stempel 55 Schilling


Um 9.17 Uhr ruft der Schriftführer die Sache auf ./ Anberaumt auf
9.00.


Die Verhandlung ist öffentlich


Hofrat Heidrich erstattet den Bericht.


Der Vorsitzende lässt das Urteil der ersten Instanz samt Gründen
und das Hauptverhandlungsprotokoll sowie den übrigen Akteninhalt,
die Strafen Blattzahl 21 verso, vorlesen,


Der Vorsitzende stellt aus O. Nr. 20 fest, dass der angerufene Nichtig
keitsgrund nach Z. 4 des § 281 St.P.O. nicht rechtzeitig ausgeführt
wurde.


Der Verteidiger stellt folgende


Beweisanträge:


1.) Vorlesung des Manuskriptes aus der August-Nummer 1929 der „Fackel“;


2.) Einvernehmung des Verteidigers als Tatzeugen, da er bei beiden
Vorträgen am 7. Juni und 10. Juni 1929, die der Angeklagte im
Architektenvereinssaal, Wien I., Eschenbachgasse 9 hielt, anwesend
war;


3.) Vorlesung der Zeugenaussage des Dr. Fritz Löwy aus Blattzahl 19
verso;


4.) Vorlesung des Artikels: „Schönberg-Uraufführungen in Wien“ aus
der Berliner Börsenzeitung Nr. 535 von Freitag den 15. November 1929;


5.) Vorlesung des Artikels aus Nr. 806–809Die FackelSeite 62
und 63: „Aus dem Anbruch (XI. Heft 3 März 1929, Universal-Edition)“;


6.) Vorlesung des Artikels: „Das Jubiläums-Arbeiter-Symphoniekonzert
aus der Arbeiterzeitung Nr. 313 von Dienstag den 12. November 1929;


7.) Vorlesung des Artikels aus Nr. 820–826Die FackelSeite 57bis 64: „Die Wohnbaukantate“;


8.) Vorlesung des Artikels aus Nr. 811–819Die FackelSeite 75bis 93Verklungen und vertan“;


9.) die Akten an die Staatsanwaltschaft zu leiten weil die Zeugen
aussagen Hertha Gropper Blattzahl 37, 37 verso und Otto Silbermann
Blattzahl 19 verso sich im Widerspruch befinden;


insbesondere führt der Verteidiger zu diesen Beweisanträgen aus wie
bereits in Blattzahl 49 verso ff schriftlich enthalten ist.


Der Klagevertreter beantragt Ablehnung der Beweisanträge der Verteidi
gung und stellt folgende


Beweisanträge:


a.) Vorlesung der Beilage rot C aus O. Nr. 12: „Nach dem Druck“;


b.) Ablehnung insbesondere des Antrages der Verteidigung ad 9.), weil
Dr. Martha Pisk und Margarethe Philipsky zugegen waren als das
Stenogramm übertragen wurde und dies vollkommen integre Persön
lichkeiten sind;


c.) Einvernehmung von Sachverständigen aus dem Kritikerfache.
Der Verteidiger spricht sich gegen die Zulassung der Beweisanträge
des Klagevertreters aus.


Beratung 10.35–11.32 Uhr


Beschluss


verkündet: Den Anträgen der Verteidigung auf Vorlesung ad 1.), 3.)
bis 8.), des Klagebegehrens auf Vorlesung ad a.) und ferners ad b.)
wird stattgegeben. Die Beweisanträge der Verteidigung ad 2.) und
9.) sowie des Klagevertreters ad c.) werden als unerheblich, be
ziehungsweise da der Sachverhalt nach der Aktenlage hinreichend
geklärt ist abgelehnt.


Nach den Vorlesungen erteilt der Vorsitzende dem Verteidiger das
Wort zur Berufungsausführung.


Der Verteidiger führt die Berufung aus wie O. Nr. 20 und beantragt,
Stattgebung der Berufung des Angeklagten.


Der Klagevertreter beantragt, Zurückweisung der Berufung des Angeklagten.


Urteilsberatung 13.02–13.12 Uhr.


Urteilsverkündigung samt Gründen


Ende 13.25 Uhr


Der Vorsitzende
Dr. Neuwirth m.p.


Der Schriftführer
Hanak m.p.