Die letzten Tage der Menschheit


Sehr geehrter Herr Doktor,


ich komme heute zurück auf Ihr Schreiben vom
26. Febr., in dem Sie ausführlich Ihre Auffassung des Ver
lags-Projektes Kraus/Knaur darlegen.


Ich bitte Sie, überzeugt zu sein, dass ich
Ihren Gedankengängen mit grösstem Interesse und allem Willen,
Ihnen zu folgen, nachgegangen bin. Trotzdem ist es mir in
Anbetracht meiner klaren Erinnerung an die Vorgänge leider
nicht möglich, mich Ihren Ausführungen ohne weiteres anzu
schliessen. Vor allem möchte ich betonen, dass es sich bei
den in Ihrem Schreiben zu einem Complex zusammengefassten
beiden Projekten
A) Verlag von KrausDie letzten Tage der Menschheit
in einer Sonderausgabe des Knaur-Verlages
B) Vermittlung eines Lizenzdruckes bei der GutenbergGilde
um zwei vollkommen getrennte Unternehmungen handelt, welch
erstem ich aus dem Standpunkt des Verlegers, welch zweitem
ich aus dem Standpunkt des amikalen Vermittlers gegenüber
stand, ohne irgendwie die Absicht zu haben, aus dieser Ver
mittlung, die ich im Interesse des Herrn Kraus nach Möglich
keit fördern wollte, irgendwelchen materiellen Vorteil zu
erzielen.


Im ersten Falle lagen die Dinge in der von Ihnen
erwähnten Besprechung am 17. Januar ds.Js. so, dass ich
Herrn Kraus in Gegenwart des Herrn Direktor Fischer, der
Zeuge unserer gesamten Unterhandlungen gewesen ist, mit
teilte, dass es mir leider nicht möglich gewesen sei, meine
beiden Sozien für das Projekt einer Aufnahme seines schönen
und wertvollen Werkes in unserer Standard-Serie zu gewinnen.
Die besonderen Beweggründe, die meine Sozien bei dieser Ab
lehnung leiteten, haben Sie in Ihrem letzten Schreiben durchaus
richtig wiedergegeben.


Um Herrn Kraus zu zeigen, wie hoch ich seine literar
ische Arbeit und sein Lebenswerk schätze, habe ich ihm in
jener Besprechung am 17. Januar, in der ich ihm das Scheitern
meines Versuches, das Werk für meine Standard-Serie zu ge
winnen, mitteilen musste, erklärt, dass dadurch mein Interesse
an seinem Werk keineswegs erloschen sei und ich weiter den
Versuch machen wolle, meine Sozien für eine neue Form, nämlich
für das Erscheinen des Werkes in einer Sonder-Ausgabe des
Knaur-Verlages, zu interessieren. Ich habe diese Mitteilung
Herrn Kraus selbstverständlich vor einer Besprechung mit meinen
Sozien gemacht, da ich doch zunächst seine Einwilligung zu
dieser so völlig neuen Form haben musste, ehe es überhaupt
Sinn haben könnte, auf Grund dieser neuen Basis mit meinen
Sozien zu verhandeln.


Herr Kraus hat meine Ausführungen mit Interesse ange
hört, hat jedoch in dem Augenblick, als ich ihm für den Fall
eines Zustandekommens eines Vertrages ein Höchsthonorar von
RM 10000.– = 10 Pfg. pro Band in Aussicht stellte, sofort
einwerfend erklärt, dieses Gebot läge weit hinter zwei anderen
Angeboten, die ihm vorlägen. Hierfür hat Herr Kraus sogleich
die Zeugenschaft des Herrn Direktor Fischer angerufen.


Vollkommen unabhängig von dieser Vorbesprechung über
die etwaige Möglichkeit eines Verlags-Abkommens erklärte ich
Herrn Kraus, um die Differenz zwischen der von mir gesehenen
wirtschaftlichen Höchsteinnahme für ihn und den ihm vorlie
genden besseren Vorschlägen von anderer Seite zu überbrücken,
mich mit der Gutenberg-Gilde in Verbindung zu setzen und alles
zu tun, um eine bisher unverbindliche Beziehung zu der Gutenberg-Gilde so auszubauen, dass sich von dort aus eine weitere
Einnahme für ihn ergäbe. – Ein Vertreter der Gutenberg-Gilde
hatte, wie Sie in Ihrem Schreiben richtig ausführen,
gelegentlich eines Besuches bei mir von meiner Idee, mit
Herrn Kraus wegen seines Werkes in Verlags-Beziehungen zu
kommen, gehört und sein Interesse qua Buchgemeinschaft / Gutenberggilde zum Ausdruck gebracht. Hier bestand vielleicht die
Möglichkeit, die Gutenberg-Gilde mit einer Auflage von 30000
Exemplaren und einem Honorar von 30 Pfg. pro Exemplar, die
ich Herrn Kraus in ihrer Gänze zufliessen lassen wollte, zu
gewinnen und hierzu bot ich meine freundschaftliche Vermitt
lung ohne jedes persönliche materielle Interesse an.


Der Versuch, die Gutenberg-Gilde auf Grund ihres
geäusserten Interesses nunmehr zu einer bindenden Bestellung
festzulegen – den ich bald nach Rückkehr von meiner Reise
unternahm – ist leider missglückt.


Es verblieb für mich dann nur die Möglichkeit, mit
meinen Sozien über die Frage zu verhandeln, ob sie bereit
seien, das Werk im Knaur-Verlag als Sonder-Publikation er
scheinen zu lassen und es stand dieser Möglichkeit die Aeusse
rung des Herrn Kraus gegenüber, dass er schon wesentlich
bessere Angebote besitze. Unter diesen Umständen bin ich selbst
verständlich nicht mit viel Hoffnungen an die Besprechung mit
meinen Sozien herangegangen, denn ich durfte kaum erwarten,
dass sie im Falle einer Zusage auf eine Erhöhung des Honorars
eingehen würden.


Meine Besprechung hat dann leider dazu geführt, dass
meine Sozien das Werk auch nicht zur Publizierung als Einzel-
Werk geeignet halten. Unter diesen Umständen war es mir natür
lich nicht möglich, jene für beide Teile völlig unverbindliche
Vorbesprechung, die wir hier in Berlin geführt haben, zu
einem Vertrage auszubauen.


Ich darf in diesem Zusammenhang noch erwähnen, dass
zweifellos die in Ihrem Briefe geäusserte Auffassung, ich hätte
mich bei unserer Besprechung einseitig in vertragsbindender
Form ausgesprochen, während Herrn Kraus ein unlimitiertes
Rücktrittsrecht verblieben wäre, auf einen Irrtum beruhen muss.
Mein Angebot konnte garnicht einseitig bindend für mich sein,
da es ja, wie gesagt, abhängig von der Zustimmung meiner Sozien
war.
Im übrigen aber wird heutzutage kein Verleger eine
bindende Offerte abgeben, ohne eine kurze Frist für deren
Gültigkeit zu bestimmen. Davon war aber zwischen uns nicht
die Rede, sondern nur davon, meine Vorschläge in bindender
Form schriftlich niederzulegen. Wäre mein Angebot bindend
gewesen, so hätte es der schriftlichen Formulierung, um die
Herr Kraus ausdrücklich bat, nicht bedurft, sondern nur einer
schriftlichen Bestätigung von seiner Seite.


Ich hoffe, dass meine Ausführungen Sie, sehr geehrter
Herr Doktor, und vor allen Dingen Ihren Klienten, für dessen
Lebenswerk ich nach wie vor die grösste Bewunderung hege und
für den einzutreten mir stets eine besondere Freude sein wird,
davon überzeugt haben werden, dass nur ein Missverstehen
unserer in Berlin am 17. Januar erfolgten Besprechungen durch
Ihren Klienten zu der Kontroverse unserer letzten Briefe
führen konnten.


Mit vorzüglicher Hochachtung
Droemer


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