Peter Altenberg. Auswahl aus seinen Büchern von Karl Kraus


Sehr geehrter Herr Direktor!


Da es sich um eine Angelegenheit des Herrn
Kraus handelt, wage ich es, Sie wieder einmal mit einer Bitte
zu belästigen. Wie Sie wissen, hat Herr Kraus für den VerlagS. Fischer eine Auswahl aus den Werken Peter Altenberg zusam
mengestellt, doch hat dann S. Fischer von der Herausgabe dieser
Auswahl Abstand genommen. Herr Dr. Laserstein hat dann im
Jahre 1930 an S. Fischer eine Aufforderung unter Klagsandrohung
gerichtet, mit der Herausgabe des Werkes sofort zu beginnen.
Diesen Brief hat der Anwalt des Verlages S. Fischer, Dr.
Richard Frankfurter, dahin beantwortet, dass es zu keinem Ab
schluss dieses Verlagsvertrages gekommen sei, dass überdies,
selbst wenn ein Verlagsvertrag abgeschlossen wäre, S. Fischer
angesichts der inzwischen abgelaufenen Zeit nicht verpflich
tet und nicht in der Lage sei, das Werk herauszubringen, dass
aber S. Fischer, „um Herrn Kraus jedes Entgegenkommen zu be
weisen, bereit sei, für den Fall, dass er den Zeitpunkt der
Herausgabe des Werkes ja für geeignet hält, ihm das Recht
zur Herausgabe in einem anderen Verlag freizugeben.“


Es ist nun Herrn Kraus von Seiten des
Wiener Verlages Anton Schroll & Co. Gesellschaft m.b.H. das
Angebot gemacht worden, die Auswahl herauszugeben. Eine
Verständigung des S. Fischer Verlag es wäre nicht notwendig
gewesen, wenn dies nicht die Erbin Peter Altenbergs, die
Kinder Schutz- und Rettungsgesellschaft, der die Tantiemen
zufliessen, verlangt hätte und zwar lediglich in der Form,
dass sie von dem Verlag S. Fischer eine Bestätigung der Tat
sache erhält, dass die Herausgabe der Auswahl aus den Werken
Peter Altenberg Herrn Kraus freigegeben ist. Ich habe mich
nun am 9. März 1931 an den S. Fischer Verlag gewendet, der
mir am 23. März 1931 antwortete, er ersuche, „um die ver
traglichen Grundlagen für die Herausgabe eines solchen Auswahlbandes in einem anderen Verlage festlegen zu können,
ihm entweder das Manuskript des Bandes oder ein genaues Ver
zeichnis der einzelnen Beiträge einzusenden und den Verlag an
zugeben, in dem der Band erscheinen soll.“ Ich habe das Ver
zeichnis eingeschickt und den Verlag bekanntgegeben und er
hielt dann vom Anwalte des S. Fischer Verlages, Dr. RichardFrankfurter, auf meine Urgenz am 1. Mai 1931 einen Brief, in
dem mitgeteilt wurde, dass noch einige Feststellungen ge
troffen werden müssen. Ich erwiderte darauf, dass nach der
klaren Abmachung des Vertrages keine Feststellungen mehr
notwendig seien und bat, nun endlich die Verständigung an die
Kinder-Schutz- und Rettungsgesellschaft herausgehen zu lassen.
Damit ist die Korrespondenz überhaupt abgebrochen, denn ich
höre weder vom S. Fischer Verlag noch von dessen Anwalt etwas.
Der Schroll Verlag ist mit dem Druck der Auswahl fast fertig
und könnte in kürzester Zeit das Werk erscheinen lassen.
Nach der klaren Vereinbarung und da eine Zustimmung der
Kinderschutz- und Rettungsgesellschaft vorliegt, bestünde
auch kein Hindernis. Doch erscheint es mir immerhin ratsam,
die verlangte Erklärung des S. Fischer Verlag es an die Kinderschutz- und Rettungsgesellschaft zu betreiben. Zu rütteln ist
natürlich an dieser Vereinbarung nichts.


Da Sie nun, wie mir Herr Kraus seinerzeit
mitteilte, freundschaftliche Beziehungen zum S. Fischer Verlag
unterhalten, dürfte es Ihnen sehr leicht sein, mir in dieser
Sache zu helfen und die baldige Verständigung der Kinderschutz- und Rettungsgesellschaft durchzusetzen. Wenn Sie also
dazu imstande sind, wäre ich Ihnen sowohl im eigenen Namen
als auch im Namen des Herrn Kraus dafür sehr verbunden.


Da ich schon einmal dabei bin. Sie zu be
mühen, erlaube ich mir die Frage, ob Sie Herrn Hofrat Beck
und den Leiter der Berliner Vermittlungsstelle wegen des
Fräuleins M. geschrieben haben und ob Ihre Intervention einen
Erfolg hatte. Sie müssen mir verzeihen, dass ich Sie in die
ser Sache immer wieder bedränge und ich bitte Sie, dies
damit zu entschuldigen, dass Fräulein Marienschek wirklich
sehr nervös gemacht ist durch die Unsicherheit ihrer Zukunft.


Mit bestem Dank und herzlichen Grüssen
bin ich Ihr


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