Sehr geehrter Herr Kollege!
In der Angelegenheit Kraus ./. Altenberg teile
ich Ihnen folgendes mit:
Die Berechnung der von Herrn Kraus in
Aussicht
genommenen Abdrücke
aus den verschiedenen Werken von Altenberg hat ergeben, dass das Buch ca. 600 Seiten umfassen wür
de. Dies ist vom allgemeinen
buchhändlerischen Standpunkt
aus
nicht wünschenswert, da ein Auswahlband in dieser Stärke
nicht dem üblichen entspricht und
geht auch um etwa 200
Seiten über das hinaus, was
seinerzeit in Aussicht genommen
war. Speziell würde meine Mandantin
gegen eine so umfassende
Auswahl
auch deshalb Bedenken haben, weil danach der Absatz
der einzelnen Werke gefährdet
erscheint. Bei einem so um
fangreichen Auszug, von dem das
Publikum doch naturgemäss
annimmt, dass das Beste und Interessanteste darin enthalten
ist, würde ein Verkauf der
einzelnen Werke kaum noch erfol
gen können. Meine Mandantin ist schon wegen des Andenkens
von Altenberg und wegen
der materiellen Interessen seiner
Erbin verpflichtet, auch diesem Gesichtspunkt
Rechnung zu
tragen.
Meine Mandantin ersucht also Herrn Kraus, die
geplanten
Auszüge zu
überprüfen und soviel wegzulassen, dass insgesamt
nicht über 400 Seiten
herauskommt. Die Berechnung hat auf
Grundlage der Kolumne des Buches
„Mein Lebensabend“ stattge
funden. Die gekürzte
Auswahl ersuche ich uns nochmals zu über
senden bezw. anzugeben, was aus
den von Herrn Kraus zum Ab
druck vorgesehenen Teilen wegbleiben soll.
Die Bedingungen, unter denen
meine Mandantin das Erscheinen
des Buches gestatten will, sind folgende:
Mit dem vorgeschlagenen Verlag Schroll ist meine Mandantin
einverstanden.
Das Buch darf nur in einem Band, also nicht mehrbändig, er
scheinen.
Vorausgesetzt wird selbstverständlich eine würdige
Ausstattung. Die Urheber- und
Verlagsrechte für den Auswahl
band ist meine Mandantin bereit auf die Lebenszeit von Herrn
Karl Kraus
ihm zu überlassen, mindestens aber
auf 10 Jahre,
vom 1. Juli 1931
an gerechnet.
Die Voraussetzung für die
Überlassung der vorerwähnten
Rechte ist an die Zustimmung der Kinderschutz- und
Rettungsgesellschaft in Wien als Erbin von Peter Altenberg gebunden (oder
etwa sonst
urheberrechts-berechtigter Personen). Nach dieser
Richtung hin übernimmt meine Mandantin keinerlei Verantwortung.
Dies bezieht sich auf die von
Herrn Kraus
vorgesehenen
Werke mit
Ausnahme von „Bilderbögen des kleinen
Lebens“. Dieses
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Werk ist nicht bei meiner Mandantin erschienen. Wenn Auszüge
aus ihm mit aufgenommen werden
sollen, muss Herr Kraus sich
bei dem Verleger dieses Buches darum bemühen. Meine Mandantin
hat aber ihrerseits nichts
dagegen, dass Auszüge aus den „Bil-
derbögen“ in
dem Sammelbuch mit aufgenommen werden. In dem
Buch muss zum Ausdruck gebracht
werden, dass der Auswahlband
mit Genehmigung der S. Fischer
Verlag AG. erscheint. Bei Auf
zählung der Werke, aus denen die
Auszüge entnommen werden, muss
vermerkt sein, dass sie bei S. Fischer Verlag AG. erschienen
sind, natürlich mit Ausnahme der
„Bilderbögen“,wo der ent
sprechende Verlag anzugeben wäre.
Meine Mandantin verzichtet auf den ihr zustehenden Ge
winnanteil aus
dem Verlag des Auswahlbandes
zugunsten der
Kinderschutz- und Rettungsgesellschaft,
wozu sie sich ja schon
im
Jahre 1928 bereit erklärt hatte. Die Abrechnungen von
Schroll (also festes Honorar oder prozentuale
Beteiligung)
müssen
meiner Mandantin halbjährlich mitgeteilt werden.
Ein
Übergang oder eine
Übertragung des Verlagsrechtes an dritte
Personen darf nur mit
Zustimmung meiner Mandantin und der
Altenbergschen Erben erfolgen. Meine Mandantin bemerkt, dass
sie nach wie vor auf dem
Standpunkt steht, dass der Zeitpunkt
für die Herausgabe eines
Sammelbuches zur Zeit ungeeignet
ist, da aber Ihr Herr Mandant anderer Ansicht zu sein scheint,
so will meine Mandantin sein Vorhaben im Interesse des
Werkes
nicht stören.
Ich bitte um Bestätigung und
Einverständniserklärung.
Ich
werde dann meine Mandantin veranlassen, die Kinderschutz-und Rettungsgesellschaft
entsprechend zu benachrichtigen. Ich
bitte ferner um Mitteilung, wann
etwa der verkürzte Auszug zu
erwarten sein wird.
Mit kolleg.Hochachtung!
Frankfurter
Rechtsanwalt