Peter Altenberg. Auswahl aus seinen Büchern von Karl Kraus


Sehr geehrter Herr Dr. Samek!


Die Verhandlungen mit S. Fischer habe ich seinerzeit bloß
mündlich geführt. Der Verlag hatte mir lediglich ein einziges
Mal in einem Briefe seine bereitwillige Zustimmung zu
meinem Vorschlage ausgesprochen. Weder mein Vorschlag, noch diese
Antwort des Verlages, enthielten irgendwelche nähere Bestimmungen
über den Umfang: es war bloß von einem „Auswahlband“ die
Rede. Leider besitze ich diesen Brief nicht mehr.


Was die mündlichen Verhandlungen betrifft, so wurde
mir niemals die Forderung gestellt „Der Band darf
soundsoviel Seiten haben, und nicht mehr.“ Da ich keine
Liste der aufzunehmenden Stücke besaß, und also dem
Verlag auch nicht vorlegte, so stand die Frage des Umfangs
noch nicht zur Diskussion.


Allerdings ist mir erinnerlich, daß Herr S. Fischer in
meinem Beisein einen flüchtigen Kostenüberschlag des Bandes
machte, wobei er von einer geschätzten Seitenzahl – es können
400, aber auch 500, gewesen sein – ausging. Doch wurde diese Seitenzahl
nie als unbedingt einzuhaltende Höchstgrenze gesetzt: man
wußte ja noch garnicht, wie hoch groß die Auswahl von Herrn KarlKraus werden würde. Somit war der Verlag S. Fischer
damals noch garnicht dazu gekommen, irgendeine
Beschränkung des Auswahlbandes zu wünschen.


Mit den besten Grüßen


Ihr
sehr ergebener
Sigismund v. Radecki


wenden!


P.S. „In Aussicht nehmen“ ist kein ganz bestimmter
Ausdruck des Verlages Fischer. Wenn S. Fischer 400 Seiten
als bindende Höchstgrenze in Aussicht genommen hätte,
so bin ich sicher, daß ich mir diese Ziffer, als selbstver
ständlich außerordentlich wichtig, gemerkt oder notiert
hätte. Ich erinnere mich dagegen, daß die Schätzung
so vorläufig und unbestimmt war, daß mehrere
Seitenzahlen im Kopfe durchkalkuliert wurden, und
man sich durchaus nicht festlegte. Darum fand ich
es auch nicht notwendig, mir diese vagen Schätzungen
zu merken.


S.v.R.