Peter Altenberg. Auswahl aus seinen Büchern von Karl Kraus


Sehr geehrter Herr Kollege,


in Sachen Fischer / Kraus bemerke ich zu
Ihrem Brief vom 18.6. folgendes:


Der Umfang des Bandes mit ca. 400 Seiten
war in einem Brief meiner Mandantin vom 17.7.28 an Herrn
Kraus vorgesehen. Die Ueberschreitung dieses ungefähren
Umfanges um einen nicht allzu grossen Prozentsatz würde
man schliesslich noch in Kauf nehmen können, aber ein Mehr
von 200 Seiten erscheint meiner Mandantin als eine bedroh
liche Gefahr für die Einzelausgaben. Dass die künstleri
schen Gesichtspunkte nicht auch bei einem Umfang von
400 Seiten zur Geltung kommen können, trifft nach der
Ueberzeugung meiner Mandantin nicht zu; im Gegenteil, der
künstlerische Gesichtspunkt würde durch einen so ungewöhn
lich starken Auswahlband von 600 Seiten leiden müssen.
Meine Mandantin kann also von ihrem Standpunkt nicht ab
gehen.


Ihre Erwähnung, dass das Manuskript des Auswahlbandes meiner Mandantin vorgelegen hat, ist mir nicht
recht verständlich. Die Vorlage dieses Manuskripts hat
doch gerade die Feststellung erbracht, dass der Auswahlband so umfangreich sein würde, dass er in Wahrheit
als Auswahlband nicht mehr bezeichnet werden kann und weit
über das hinausgeht, was meine Mandantin für möglich er
achtet.


Was die Frage der Uebertragung der Urheber- und
Verlagsrechte anlangt, so ist meine Mandantin, wie schon
mitgeteilt, bereit, diese Rechte für den Auswahlband Herrn
Kraus auf seine Lebenszeit, mindestens aber auf 10 Jahre,
zu überlassen. Sache des Verlegers ist es, bei Aufstellung
des Verlagsplans für die Dauer von 10 Jahren sich mit der
Auflagenzahl so einzurichten, dass er bei Ablauf der zehn
jährigen Verlagsfrist keine wesentlichen Bestände übrig
hält. Darüber hinaus Rechte zu vergeben, für die technisch
keine Notwendigkeit besteht, würde zu weit gehen. Ich glau
be, daß sich der Schroll-Verlag diesem Standpunkt ohne wei
teres anschliessen wird, sodass über diesen Punkt eine Eini
gung ohne weiteres gegeben sein wird.


Der Standpunkt, dass die Herausgabe dieses Sammel-Buches im gegenwärtigen Zeitpunkt ungeeignet ist, wird
nicht nur von meiner Mandantin eingenommen, sondern dürfte
der allgemein vertretene sein. Indessen ist diese Frage
unerheblich, weil hierin ja Herrn Kraus für seine Meinung
die Vorhand gelassen werden soll.


Hochachtungsvoll
Frankfurter
Rechtsanwalt


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