Sehr verehrter Herr Kraus!


Heute fand die Hauptverhandlung über die
Berichtigungsklage statt. Der Richter hat ein Urteil gemäss
§ 24, Absatz 3 Pr.G. gefällt, nämlich, dass die Berichtigung
auch Stellen enthält, die nicht eine Berichtigung mitgeteilter
Tatsachen sind, daher festgestellt, was von der Berichtigung
zu veröffentlichen ist und den Redakteur freigesprochen. Dr.
Höflmayer hat folgende Sätze von der Berichtigungspflicht aus
genommen:
1.) „Wahr ist, dass vor einer Zeitstrophe eine Polemik all
gemeiner Art gesprochen wurde“;
2.) den Absatz: „Sie schreiben: ‚Dieser Verteidiger hatte sich
auch für die Verhandlung eine erstaunliche Taktik zugelegt.
Einesteils sollte mit den Schimpfworten Pisk gar nicht ge
meint worden sein. Das behauptete der Verteidiger, obwohl es
einfach unmöglich ist, dass Kraus selbst es behaupten könnte,
dass er einen anderen als Pisk habe treffen wollen.‘ Es ist
unwahr, dass der Verteidiger ‚behauptet‘ hat, dass Pisk ‚gar
nicht gemeint sei‘. Wahr ist, dass der Verteidiger laut dem
nunmehr vorliegenden Protokoll folgendes vorbrachte: ‚ich
will nicht behaupten, dass der Privatankläger nicht gemeint
war, es konnte auch der Privatankläger sich getroffen fühlen.
Er war aber nicht erkennbar.‘“


Ich habe mir Bedenkzeit vorbehalten, bin
auch eigentlich der Ansicht, dass man eine Berufung nicht
einbringen soll, weil mir die Frage, ob der ausgelassene lange
Absatz von Ihnen berichtigt werden muss oder nur von mir be
richtigt werden darf, nicht so interessant zu sein scheint.
Ich schlage vielmehr vor, dass ich eine Berichtigung einsende,
die den ausgelassenen Absatz enthält. Die Entscheidung wegen
des Satzes zu 1) halte ich für zu unbedeutend, um daraufhin
allein die Berufung zu gründen. Sollten Sie aber wünschen,
dass die Berufung eingebracht wird, so bitte ich Sie, mich
telegrafisch zu verständigen. Die Frist zur Anmeldung für
die Berufung endet am 16. Jänner 1931.


Mit ergebener Hochachtung


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