La Périchole


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Namens und in Vollmacht des Herrn Karl Kraus,
Wien und zugleich für den verhinderten Herrn Dr. Laserstein, Berlin
habe ich folgendes mitzuteilen:


Sie haben am Vormittag der zweiten Vorstellung der
Perichole ohne Benachrichtigung des Autors des deutschen Textes wider
rechtlich eine Strichprobe angesetzt und durchgeführt und auch Striche
vorgenommen. Sie haben diese Striche am Abend der Vorstellung recht
zeitig abgesagt, vermutlich weil Sie sich von der Rechtswidrigkeit
dieses Vorgehens überzeugt hatten. Als ein Überbleibsel dieser Stri
che wurden immerhin in der zweiten und dritten Vorstellung noch ge
wisse Auslassungen wahrgenommen, die , wie wir gerne annehmen, nicht
auf doloses Festhalten an der ursprünglichen Verfügung, sondern nur
auf die begreifliche Verwirrung der Darsteller zurückzuführen sind.


Vorsorglich mache ich Sie nunmehr darauf aufmerksam,
daß besonders eine dieser sowohl stilistisch, wie in ihrer dramati
schen Funktion zerstörten Stellen für die heutige und die folgenden
Aufführungen wieder hergestellt werden muß. Es handelt sich um den
auf Seite 113 des Textbuches stehenden Satz der Perichole: „Er hat
uns befreit, er spielt Fagott und zum Dank haben wir ihn engagiert.“
Durch diesen Satz wird die Gestalt des alten Gefangenen und seine
Position in der 3. Abteilung erst legitimiert und das Instrument, das
er in der Hand hält und das sonst nicht als Fagott erkennbar ist, zur
Anschauung gebracht. Durch diesen Satz wird die Mitwirkung des alten
Gefangenen im Ritornell auf Seite 126 überhaupt erst begründet. Die
sinnlose und handlungswidrige Reduzierung des Satzes auf die Worte:
„Er hat uns befreit“ – wird vom Autor als unerträglich empfunden, nicht
minder als jeder etwaige Versuch, einen durchaus sinnvollen und sti
listisch geschlossenen Satz als „zweideutig“ oder„unverständlich“ zu in
terpretieren.


Ich fordere Sie daher auf, die Darstellerin der Titel
rolle anzuweisen, den Satz, wie er im Textbuch steht, zu sprechen, und
ihr bekannt zu geben, daß die vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen diese
Rechtspflicht nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichtes
gemäß §§ 9 und 38 des Urheberschutz-Gesetzes strafbar ist. Ich weise
auch darauf hin, daß Herr Karl Kraus sich alle zivil- und
strafrechtlichen Schritte gegen die Direktion vorbehält, falls nach
meinem Hinweis dieser Strich aufrecht erhalten bleibt, oder falls
andere Striche ohne seine vorherige Zustimmung vorgenommen werden.


Überdies erinnere ich Sie daran, daß Zusätze und Im
provisationen als nicht vom Autor stammend auf dem Programm kennt
lich zu machen sind. Die absichtliche Weglassung der vereinbarten
Formel, die die Mitwirkung des Autors betrifft, wird hiermit aus
drücklich gebilligt, und die fernere Weglassung verlangt, weil Herr
Karl Kraus die Aufführung im nunmehrigen Zustand keineswegs als Ver
wirklichung seines Gedankens der Offenbach Renaissance anerkennen
könnte.


Sollte bei Ihnen die Absicht bestehen, zu diesem Schrei
ben Stellung zu nehmen, so bitte ich, alle Antworten an die Adresse
des Herrn Dr. Laserstein zu richten.


Ergebenst


Dr. Willi Katz
Rechtsanwalt


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