La Périchole


In der Angelegenheit des Herrn Karl Kraus weise
ich den zur Begründung des vermeintlichen Erstattungsan
spruchs gemachten Vorwurf, es sei dem Rechtsbeistande des
Herrn Kraus, Herrn Rechtsanwalt Dr. Laserstein, von mir eine
falsche und irreführende Auskunft über den Aufführungsver
trag gegeben worden, mit aller Schärfe zurück. Ich habe
Herrn Rechtsanwalt Dr. Laserstein bei seinem Anruf erwidert,
daß grundsätzlich nach den Allgemeinen Bestimmungen, die
Vertragsinhalt eines jeden Aufführungsvertrages sind,
– also auch des Aufführungsvertrages über „Perichole“ –
der Autor Änderungen und Striche sich gefallen lassen muss,
soweit er nach Treu und Glauben seine Einwilligung nicht ver
sagen kann, und auf den allgemeinen Theaterbrauch verwiesen.
(§ 7 Ziff. 1b der Allgemeinen Bestimmungen). Auf diese in
allen Punkten zutreffende Angabe hat Herr Rechtsanwalt Dr.Laserstein ganz folgerichtig und sachlich den Wunsch geäussert,
unter Vorbehalt aller Rechte zunächst einmal zu erfahren, um
welche Änderungen es sich denn überhaupt handeln sollte.
Darauf bin ich sofort bereitwilligst eingegangen und habe,


zumal Art und Umfang der Änderungen und Striche noch keines
wegs feststand, im Einvernehmen mit der Leitung der Krolloper diese veranlasst, Ihrem Herrn Auftraggeber Gelegenheit
zu geben, die Frage zu besprechen. Dabei habe ich betont,
daß die Bühnenleitung mit etwaigen Änderungsabsichten doch
nur das Beste des Werkes und des Autors im Auge habe, auch
erwähnt, daß der gewiss in diesen Dingen doch sehr erfahrene
Vertreter des Verlages nach der Erstaufführung ebenfalls die
Meinung geäussert habe, einige Striche würden der Aufführung
zu noch grösserer Wirkung verhelfen.


Wenn auf meine Erklärung hin Ihr Herr Auftraggeber
oder sein Vertreter verhältnismässig kostspielige Rückfragen
in Wien gehalten hat, so ist das seine oder Ihre Sache. Die
Anfrage konnte gespart werden, wenn man bei der in Berlin
bestehenden Zentralstelle der Autoren und Verleger Nachfrage
nach den allgemein üblichen Vertragsbedingungen gehalten hät
te. Auch ich hätte auf Wunsch jede nähere Auskunft über den
Vertragsinhalt gegeben und wäre zur Vorlegung der Allgemei
nen Bestimmungen gern bereit gewesen.


Es bedarf wohl keiner weiteren Ausführungen, um den
in Ihrem Schreiben erhobenen Erstattungsanspruch nachdrück
lichst zurückzuweisen.


Ich möchte bei dieser Gelegenheit keinen Zweifel
darüber lassen, daß die Bühnenleitung nach wie vor das unbe
streitbare Recht hat, die Änderungen vorzunehmen, für die
nach Treu und Glauben die Zustimmung des Verfassers voraus
gesetzt werden kann. Ich bin weiter überzeugt, daß jedes
Schiedsgericht wie jeder andere Sachkenner mit mir der Mei
nung sein wird, daß bei einer Bearbeitung die Zustimmung des
Bearbeiters – der ja schließlich auch den ursprünglichen
geistigen Urheber nicht befragt hat – nach Treu und Glauben
wohl noch eher ersetzbar ist als bei einem Originalwerke.
Man hat die Aufführung bisher noch ohne wesentliche Änderungen
gebracht. Die Ihrem Herrn Auftraggeber gebotene Gelegenheit,
über Änderungsabsichten zu verhandeln, hat er ausgeschlagen.
Wenn er nach erneuter Rechtsbelehrung den Wunsch hat, auf et
waige Änderungsabsichten Einfluss zu nehmen, stelle ich an
heim ihn zu bitten, sich mit der Leitung der Oper am Platz derRepublik in Verbindung zu setzen.


In vorzüglicher Hochachtung
In Vertretung
[Unterschrift]