Auf das Schreiben vom 10. April 1931 muss ich nach nochma
liger Befragung von
Herrn Rechtsanwalt Dr. Laserstein
bei der in meinem Schreiben vom 8. April 1931 Ihnen gemachten
Sachdarstellung verbleiben. Herr
Dr. Laserstein hat mir wieder
holt bekundet, und ist
bereit, das vor Gericht aufrecht zu er
halten, es sei ihm von
dem betreffenden Vertreter der Generalintendanz ausdrücklich versichert worden, der Vertrag zwischen
der Universaledition Wien und den Staatstheatern erlaube eine
Vornahme von Strichen im Texte
der Perichole ohne Befragung des
Autors. Gegenüber hierzu geäusserten Zweifeln von Herrn Dr. Laserstein wurde entgegnet: „Der Text des Vertrages
liegt ja vor
mir.“
Diese Antwort lässt einen Hinweis darauf, dass allgemeine
Bestimmungen, die vom Verband der
Theaterleiter mit denjenigen
der
deutschen Bühnenautoren vereinbart sein mögen, bei jener
Aeusserung gemeint worden seien,
garnicht zu. Eine solche Aus
legung, die nachträglich vorgebracht wird, muss als Ausrede er
scheinen. Jedenfalls
war die Erklärung des Vertreters der Generalintendanz
Anlass und notwendiger Grund für zwei telephonische
Rückfragen in Wien und für ein Tätigwerden des Herrn Dr. Laserstein in persönlicher Rücksprache mit Herrn
Kraus wie in weiteren
Verhandlungen mit der Direktion der Krolloper.
Hiervon abgesehen bedarf weder
mein Mandant noch der Unterzeichnete selbst, an den sich das Schreiben vom 11. April
1931 wen
det,
einer „Rechtsbelehrung“ zumal wenn diese falsch ist. Der An
spruch, der in meinem
Schreiben vom 8. April 1931 erhoben ist,
und
der im Falle seiner
Nichtbefriedigung im Prozesswege durchgesetzt
werden wird, – dieser Anspruch
stützt sich auf keinerlei Vertrag
und ist an sich völlig unabhängig von irgend welchen Vereinbarun
gen zwischen
Direktoren und Autoren. Es sei vorsorglich aber darauf
hingewiesen, dass Herr Kraus
nicht genötigt ist für die Frage, ob
Streichungen an seinem Text
vorgenommen werden dürfen, und auch
weder genötigt
nicht
noch
gewillt ist, sich jene „allgemeinen Bestimmungen“ entgegenset
zen zu lassen. Das
Wesen von „allgemeinen Bestimmungen“ ist es, durch
„besondere Bestimmungen“
aufgehoben werden zu können. Das ist bei
den Abmachungen und bei der
Uebertragung des Aufführungsrechtes
der Perichole geschehen. Sowohl der Autor dem Verlag gegenüber, wie
der Verlag der Intendanz
gegenüber hat ausdrücklich dem Bearbeiter
des Textes, Herrn Karl Kraus das
alleinige Recht vorbehalten, Stri
che zu gestatten, und
weiter festgesetzt
bestimmt
, dass Striche ohne seine
Genehmigung in welchem Umfange auch immer nicht vorgenommen werden
dürfen. Hiernach erledigt sich
Ihre „Rechtsbelehrung“ von selbst,
und es erübrigt sich nur der
nochmalige Hinweis, dass auch in Zu
kunft unzulässige
Streichungen nicht geduldet werden werden. Wie
nochmals wiederholt sei, hat
diese Frage mit derjenigen des hier
erhobenen Anspruchs auf Ersatz
schuldhaft veranlasster Aufwendungen
nicht das Geringste zu tun.
Ihr Anheimstellen, sich mit
meinem Mandanten
in der Richtung
darüber
in Verbindung zu setzen, dass
ich ihn persönlich bäte, mit der
Leitung der Krolloper wegen deren Aenderungsabsichten Fühlung zu
nehmen, ist von mir aus Mangel an
begründetem Anlass hierzu unbe
rücksichtigt geblieben. Ich habe Herrn
Kraus von Ihrem eigenarti
gen Vorschlag keine Mitteilung machen zu müssen geglaubt. Indem ich
Sie nochmals auffordere, sich zur
Befriedigung meines am 8. April
1931 und hiermit wiederholt geltend gemachten Anspruchs bereit
zu erklären, bemerke ich, dass
die genaue Höhe der Herrn Kraus
durch Sie entstandenen unnützen
Kosten mit RM 20.–– nicht erschöpft
ist, und dass ich mir vorbehalte,
den richtigen Betrag Ihnen dem
nächst mitzuteilen.
Ergebenst