Geschenke des LebensDie Fackel


Abschrift.


10. Q. 279/31
(148 B. 600/31)


Beschluss.


In der Privatklagesache Kraus gegen Ludwig wird
die sofortige Beschwerde des Privatklägers vom 15. Dezember 1931
kostenpflichtig zurückgewiesen.


Gründe.


Die Beschwerde ist rechtzeitig, jedoch unbegründet. Mit
zutreffender Begründung hat das Amtsgericht durch den angefoch
tenen Beschluss vom 4. Dezember 1931 die Privatklage zurückgewiesen,
weil ein hinreichender Verdacht, dass der Beschuldigte sich einer Be
leidigung im Sinne des § 185 StGB. schuldig gemacht habe, nicht
vorliegt. Aber auch darin kann dem Privatkläger nicht beigetreten werden,
wenn er ausführt, dass bei der Charakterisierung des Privatklägers in
dem Buche des Beschuldigten: „Geschenke des Lebens, ein Rückblick
in dem Satz:
„Wenn er Geld für arme Menschen und Tiere hergibt, so muss
er es auf jedes Plakat und in jede Nummer seiner Zeitschrift
schreiben.“
eine ehrenkränkende Beleidigung des Privatklägers im Sinne des
§ 186 StGB zu erblicken wäre, da dem Privatkläger damit der Vorwurf
gemacht würde, er übe Wohltätigkeit aus egoistischen Zwecken und
aus Eigennutz aus. Diese Auslegung ist nicht zwingend. Der Satz
lässt sich vielmehr dahin auslegen, dass der Privatkläger das
Bedürfnis habe, seine an sich guten Taten der Öffentlichkeit be
kanntzugeben. In einer derartigen Behauptung liegt aber keine straf
bare Ehrverletzung. Bei dieser Sachlage kann es ununtersucht bleiben,
ob nicht die Einstellung des Verfahrens auf Grund der 3. Notverordnung
des Reichspräsidenten vom 6. Oktober 1931 in jedem Falle ge
rechtfertigt gewesen wäre.


Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 473 StPO.


Berlin, den 28. Dezember 1931
Landgericht I, Strafkammer 10.
gez. 3 Unterschriften


Ausgefertigt
L.S. gez. Unterschrift
Justizangestellte,
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle.