Madame l’archiduc


sehr geehrter herr heinzheimer!


die angelegenheit mit herrn kraus ist gelinde gesagt unbegreif
lich. ich schicke Ihnen hier die abschrift eines briefes mit,
auf den ich überhaupt keine antwort bekommen habe und wieder
hole ihnen, dass meine eingriffe in das ganze mit grösster lie
be geschehen sind und wie mir scheint aus einer kenntnis des
werkes heraus, die herr kraus mir als musiker und auf grund
meines namens wohl zutrauen dürfte.


als ich das werk annahm, habe ich es lediglich aus einer glü
henden liebe für kraus, seine bearbeitung und für offenbach
überhaupt getan, trotzdem ich wußte, dass sich die hiesige öf
fentlichkeit in kritik und publikum dagegen stellen würde, weil
man hier eben unter dem begriff operette etwas anderes versteht
und verstehen will. da man sich seit monaten über die sogenann
te offenbach-renaissance lustig macht, war die geschichte
schwierig genug, einzig und allein also der ernste wille, dem
werk zu einem erfolg zu verhelfen, hat mich zur annahme ge
bracht. dass ich mich entschloss, die aufführung selbst zu ins
zenieren und dirigieren, beweist ja wohl weiter, dass ich es
ernst genug genommen habe. die eigentlichen änderungen, die ich
vorgenommen habe, sind kürzungen einesteils aus gründen der zu
langen dauer des werkes, andernteils aus der tatsache, dass ich
während meiner proben geradezu vom unglück verfolgt wurde und
eine absage nach der andern erlebte. wir haben das werk deshalb
immer wieder verschoben; allerdings musste der termin gehalten
werden und ich war gezwungen durch die krankheit des sehr ner
vösen erzherzogs kürzungen vorzunehmen.


ich glaube aber, dass der hiesige eindruck so ist, wie herr
kraus ihn sich gedacht hat und wünsche nur, dass sich einer von
Ihnen die aufführung ansieht, auf die ich stolz bin und die in
ihrer ganzen leichtigkeit geradezu an mozart erinnert. der
scharfe angriff gegen unsere arbeit verletzt mich ausser
dem, weil wir mit allen mitteln versuchen, das werk durch
zudrücken. so habe ich z.b., als mein erzherzog für 5 wo
chen zuckerkrank geschrieben wurde, die rolle des erzherzogs
selbst übernommen.


wenn ich mich überhaupt entschliessen würde, auf grund
eines juristischen paragraphen etwas nachträglich wieder zu
ändern, so könnte es nur das finale des letzten aktes sein,
das ich, wie Sie aus dem brief sehen, ebenfalls nur geän
dert habe, um die apotheose auf offenbach nicht zu deutlich
werden zu lassen.


im übrigen habe ich weiter für das werk geworben wo ich
konnte und bitte Sie bei dieser gelegenheit, herrn zwissler
in darmstadt textbuch und eingerichteten klavierauszug zu
übersenden, er interessiert sich stark für das werk.


für heute mit bestem gruß
Schulz-Dornburg