Sehr geehrter Herr Kollege Samek,


in Sachen des Herrn Karl Kraus gegen Schulz-Dornburg
habe ich in meinem Brief vom 17. Dezember den Standpunkt vertreten,
daß die Frage der Erhebung oder Nichterhebung der Privatklage nur
nach – nicht von! – dem Grade des Interesses zu beurteilen sei,
das Herr Karl Kraus an der Feststellung der Verantwortlichkeit seines
Gegenspielers habe.


Sie lassen nunmehr dazu mich wissen, daß dieses
Interesse nach wie vor besteht, daß aber Herr Karl Kraus sich die
Verwirklichung dieses Interesses nicht allzu viel kosten lassen will.


Für solche Auffassung habe ich volles Verständnis
und hielt sie, wie mein Brief vom 27. Dezember wohl ersehen ließ, für
geradezu selbstverständlich. Ich gebe deshalb gern noch folgende
weitere Erklärung dazu:


Unsere Strafprozeßordnung stammt aus dem Zeitalter
des sogenannten Liberalismus, mußte also wohl oder übel auch dem Dasein
des Verteidigers in etwa Rechnung tragen.


Das ist in der Weise geschehen, daß die Stellung des
Verteidigers gegenüber der an sich doch gleichberechtigten Faktoren
der Rechtsprechung, dem Richter und dem Staatsanwalt, schwer herunter
gedrückt blieb.


Folgerichtig wurde dann auch bestimmt, daß bei Übernahme von
Vertretungen in Straf- und sogenannten Privatklage- und Nebenklage-
Sachen der Unterlegene dem Vertreter der Interessen des anderen Teils
(Privatkläger, Nebenkläger) die Gebühren nur in der gesetzlichen Höhe,
nicht aber in der tatsächlich stets entstehenden Höhe, zu erstatten
habe.


Wie sich das auswirkt, wurde in der deutschen Presse
kürzlich noch aus Anlaß des berüchtigten Caro-Petscheck-Prozesses
erörtert (bei dem es bekanntlich um den Bett-Scheck ging). Ich halte
dafür, daß danach Sie, sehr geehrter Herr Kollege, und vor allem auch
Herr Karl Kraus selbst, ausreichend im Bilde sind.


Herr Karl Kraus müßte danach, im Falle seines Obsiegens,
mit Anwaltsgebühren von immerhin 200 bis 250.– RM mindestens rechnen,
während für den Fall der zuvorigen Einstellung des Verfahrens ihm
sogar die gesamten Anwaltsgebühren restlos zur Last gelegt werden
würden. Denn bei Beschlüssen dieser Art gehen unsere Gerichte, darin dem
Geiste unserer Strafprozeßordnung folgend, durchweg von der Auffassung
aus, daß nichts unnötiger war, wie die Zuziehung eines Anwalts.


Auf Grund der in Ihrem Brief vom Ausdruck gelangenden –
meines Erachtens nur berechtigten! – Auffassung glaube ich danach
nicht, daß Herr Karl Kraus Aufwendungen in solcher Höhe noch auf sich
nehmen möchte. Ich betrachte deshalb die Angelegenheit zwischen uns als
erledigt, wenn ich nicht noch andere Anweisung von Ihnen erhalte.


Ich benutze die Gelegenheit gern, um mich nicht nur
Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege Samek, sondern vor allem auch Herrn
Karl Kraus verbindlichst zu empfehlen.


Elias
Rechtsanwalt.


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