Sehr geehrter Herr Kollege!
Dem im Schreiben vom 10. Juni 1932 ausge
sprochenen Wunsche entsprechend,
übersende ich Ihnen:
1.) Ein Blatt der Nummer des ‚Neuen WienerAbendblattes‘ vom
18.6.1927, mit dem Bericht, dass gegen
Bekessy ein neuer Steckbrief wegen des Verdachtes der Er
pressung erlassen wurde. Vorher
war schon ein Steckbrief
gegen
Bekessy erlassen worden, als er sich noch in Paris
befand.
2.) Ein Blatt des ‚Neuen Wiener Tagblattes‘vom 15. Dezember 1927,
mit einem Bericht des Ehrenbeleidigungs
prozesses des Herrn Bekessy gegen seinen früheren Redakteur
Ernst Spitz, wegen
der Broschüre des letzteren ‚Bekessy’sRevolver‘, in der erpresserische Handlungen Bekessys behaup
tet wurden, und
3.) diese Broschüre selbst.
4.) Ein Abendblatt der ‚Neuen Freien Presse‘vom 2. Dezember 1927, mit
einer Wiedergabe des Plaidoyers des
Staatsanwaltes im Prozess gegen Forda und
O’Brien, die Ge
hilfen Bekessys bei seinen Erpressungen. Beide wurden ver
urteilt.
Aus den drei Berichten sind wohl
zur Ge
nüge die
erpresserischen Handlungen Bekessys nachzuweisen.
Nun zur Tätigkeit des Herrn Kuh.
Ich übersende Ihnen:
5.) Einen Bericht des ‚Neuen Wiener Journals‘
vom3. Oktober 1926
über einen Vortrag Anton
Kuh’s im WienerKonzerthaussaal und mache
Sie besonders auf die Stelle auf
merksam: „Und jetzt begann dieser Feldzug
der Bübereien, als
dessen
Generalissimus ich mich Ihnen vorstelle!“ Der
Generalissimus der Bübereien ist
natürlich identisch mit
einem
Söldling des Erpressers, der diese Bübereien als literari
sche Garnitur des Handwerks wie
als Racheakt gegen den Ent
hüller des Handwerks gebraucht
hat. Mit dem Zuruf Erpresser-
Söldling soll Kuh
auch wiederholt in Berlin reguliert und
einmal auch aus dem Sportpalast
hinausgeworfen worden sein,
ohne
dass er eine Beleidigungsklage eingebracht hat. Ich würde
empfehlen, um einen etwaigen
Versuch, das Wort Erpresser-
Söldling dahin zu deuten, dass es die Bezeichnung für einen
Menschen sei, der an den
Erpressungen teil hatte, damit zu pa
ralisieren, dass es sich klarer
Weise um den „Söldling eines
Erpressers“ handelt, also einem Menschen, der faktisch aber
auch wissentlich seinen Sold von
einem Erpresser aus erpres
serischem Gewinn bezogen hat, dem
er literarisch die Mauer
machte.
Ueber die Herkunft dieses Gewinnes, die eine notorische
war, war er mindestens durch die
Fackel, die er ja bekämpft,
also wohl gelesen hat,
informiert.
6.) Die Abschrift eines Protokolles im Verfahren wegen
Verletzung des Urheberrechtes,
dass beim Strafbezirksgericht Iin Wien zur G.Z. U 12
71/26/17 am 16. Oktober 1926 aufgenommen
wurde. Ich verweise hauptsächlich
auf die blau unterstrichenen
Stellen.
7.) Man hat Bekessy unter anderen Erpressungen auch solche
mit Eingreifen ins Privatleben
vorgeworfen. Der Artikel AntonKuh,
veröffentlicht in der ‚Stunde‘ vom
23.4.1926, stellt eine
versteckte
Verteidigung dieser Methode dar.
Ferner übersende ich Ihnen:
8.) Eine Erklärung der Redakteure der ‚Stunde‘ vom 20.7.
1926
mit einer Stellungnahme der Behauptung der ‚Arbeiter-Zeitung‘,
dass der Betrieb der Bekessy-Blätter direkt auf
Er
pressungen
aufgebaut ist und die Antwort des Herrn Austerlitz
in zwei Artikeln der ‚Arbeiter-Zeitung‘ vom 20. Juli 1926
Beilage 9). Dazu ist zu
bemerken, dass die ‚Stunde‘ immer
einen Tag vordatiert ist, also
die Nummer vom 20. Juli 1926
schon am 19. Juli 1926
erschienen ist.
10.) Einen Artikel der ‚Arbeiter-Zeitung‘ vom
22. Juli1926.
Zur Charakterisierung des Herrn
Kuh mögen
Ihnen vielleicht die folgenden
Belege dienlich sein:
11.) Ein
Artikel des ‚Berliner
Börsen-Courier‘ vom23. April
1926 von Emil Faktor über die Sprechart des
Herrn
Kuh, der wohl einen
Schluss auf seine Gesinnung zulässt.
12.–15.) Zwei Briefe eines Julius Thumann, Wien
XIII.,Esslergasse 26
und eine Abschrift eines Briefes des Herrn
Kuh an Herrn Thumann vom 19.10.1913, betreffend den Vorwurf
der Zechprellerei.
16.) Den Durchschlag meines Schreibens vom 31. August 1926
an Herrn Kraus mit dem Bericht über eine Unterredung mit Herrn
Austerlitz, bei der mir dieser von einem Brief des
Herrn
Bleichröder, des Gatten der Schauspielerin Orska, Mitteilung
machte, dessen Inhalt Sie aus
dem Durchschlag ersehen. [¿¿]
hatte die Schamlosigkeit, für das Sekretariat Anton Kuh einen
Herrn A.…
zeichnen zu lassen, was gewiss charakteristisch
für einen Selbstentwurf ist, der
sich jetzt vom
Gericht eine
bürgerliche Ehre attestieren lassen will. Das
Parasitentum des Herrn Kuh ist nicht nur
notorisch, sondern
von ihm selbst
zur Charge gemacht worden, die in von ihm
fabrizierten Anekdoten eine Rolle
spielt. Ueber diese Tat
sache könnten Sie mich und Herrn Bleichröder als
Zeugen
führen.
17./18.) Sende ich Ihnen die
überlassenen Zeitungs
Nummern zurück.
Für die Tatsache, dass Herr Kuh den Er
pressungsgeschäften
des Herrn Bekessy die literarische
Fassade lieferte, könnten auch
Herr Kraus und ich
selbst
als Zeugen geführt
werden.
Trotz genauer Durchsicht der
Akten gegen
Bekessy habe ich nichts weiter gefunden, was die Person des
Kuh angeht und mit
dem gegebenen Beweisthema zusammenhängt.
Ich glaube aber, dass bei
entsprechend grosser Aufmachung
dieses Materials in einem Schriftsatz das Gericht schon den
richtigen Eindruck von der Sache empfangen wird. Wichtig
wären Hinweise auf seine
Gastrolle als ständiger Passagier
des Luxushotels Adlon in Berlin, die zu seiner notorischen
Schnorrerwirksamkeit in
augenfälligem Kontrast steht, am
Platze. Es wäre geraten, das Ehepaar Adlon als Zeugen zu
führen, ob und in welchem
Ausmasse Herr Kuh
für die Miete
aufkommt.
Ich muss Sie bitten, mir
sämtliche über-
lassenen Belege (ausgenommen die
Broschüre ‚Bekessy’sRevolver‘) wieder zurückzustellen, da ich sie nur in einem
Exemplar habe. Wenn es notwendig
wäre, sie dem Gerichtsakt
anzuschliessen, müssten Sie beglaubigte Abschriften machen
lassen.
Ich zeichne mit vorzüglicher
kollegialer
Hochachtung
als Ihr ergebener
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