Sehr geehrter Herr Doktor!
Ich komme erst heute zur
Beantwortung Ihres Schreibens vom24. v.M., da ich vorerst
den Verfasser des Artikels „KarlKraus Abschied“ erreichen
wollte. Was die Berichtigung der
fehlenden Beistriche bzw. des
grossen „M“ am Beginn eines Ver
ses anlangt, so haben mich diese,
wenn auch unbedeutenden Druck
fehler geärgert, viel mehr
geärgert als jeder andere Druckfehler.
Aber Sie wissen doch, mit welchen
geradezu phantastischen Schwie
rigkeiten man in einer rein
tschechischen Druckerei, in der wir
mangels Mittel arbeiten müssen,
zu kämpfen hat. Ich bin also gern
bereit, diese Berichtigung aufzunehmen, gebe Ihnen jedoch zu
be
!denken, ob es nicht vorteilhafter wäre, das
vollendete Gedicht
von Karl Kraus nochmals
fehlerfrei abzudrucken.
Was den angeblichen Eingriff
in das Autorrecht des Herrn KarlKraus durch Abdruck des Gedichtes anlangt, so war jener von dem
!
Autor, der ein glühender Verehrer von Karl Kraus
ist, sicherlich
nicht beabsichtigt. Dies ergibt sich übrigens auch aus jeder Zei
le und aus jedem Wort des
nachfolgenden Artikels. Es handelt
sich
offensichtlich um
eine Zitierung dieser wenigen Verszeilen, um an
diese anknüpfen zu können.
Nur eine überaus strenge Gesetzesinter
pretation kann eine
Verletzung der Autorrechte feststellen.
Bitte wollen Sie, sehr verehrter
Herr Doktor,
rückfragen, ob
Herr Karl Kraus auf der
in Ihrem Schreiben vom 24. v.M. enthal-
tenen Erklärung, die dem
Ansehen unseres Blattes schaden müsste,
beharrt, ebenso ob er auf
dem uns aufgelegten Sühnebeitrag be
harrt. Wollen Sie Herrn Karl Kraus
gleichzeitig zu seiner Infor
mation mitteilen, dass der
„Aufruf“ bis heute einer ganzen
Reihe emigrierten
Schriftstellern und ihren Familien hilft und
sie oft monatelang erhalten
hat und erhält. Die Ungunst der
Zeiten gefährdet jedoch
geradezu beängstigend unser Hilfswerk.
Wollen Sie Herrn Karl Kraus
unsere Bitte vorbringen, er möchte
in Anbetracht all dieser
traurigen Verhältnisse von einer Weiter
verfolgung der Angelegenheit
trotz seinem gesetzlichen Rechte
abstehen.
Ich zeichne mit dem Ausdruck
meiner vorzüglichen
Hochachtung
[Unterschrift]