Neue Freie Presse


Sehr geehrter Herr Doktor!


In der Beilage beehren wir uns, Ihnen unser Schreiben vom 22. Feber 1934 in der rubrizierten Angelegenheit zu
übermitteln.


In dem Schreiben vom 22. Feber 1934 haben wir den In
halt der am 22. Feber 1934 zwischen Ihnen und dem Mitgliede
unserer Geschäftsleitung, Herrn Sektionsrat Dr. Richard Hoynigg,
geführten Rücksprache in der Form eines mündlich abgeschlossenen
Vergleiches wiedergegeben, und hiebei die in Ihrem und unserem
Interesse gelegenen naturalia dieses Vergleiches nach unserem Er
messen festgelegt. Für die in dem Vergleiche aufgenommenen Termine
war insbesonders der Umstand massgebend, dass wir für das Zusammen
stellen der derzeit in unserem Besitze befindlichen Lesezeichen
Nr. 311 immerhin eine gewisse Zeit benötigen, da diese Lesezeichen
noch vielfach in den ganzen Druckbogen, enthaltend noch 99 weitere
andere Lesezeichen, enthalten sind, und daher diese Druckbogen erst
zerschnitten und sohin entsprechend sortiert werden müssen, eine
Arbeit, welche naturgemäss längere Zeit erfordert.


Die Verzögerung der gegenständlichen Angelegenheit
erklärt sich daraus, dass wir mit dem Vertreter der Firma Ed.Hölzel, Wien, noch Verhandlungen wegen Teilung der finanziellen
Lasten des gegenständlichen Vergleiches abführen mussten, wozu
auch Zeit erforderlich war.


Wir hoffen, dass wir in dem beiliegenden Briefe alle
Punkte, welche zur Bereinigung der gegenständlichen Angelegenheit
erforderlich sind, entsprechend der eingangs erwähnten Rückspra
che aufgenommen haben.


Für den Fall, als Sie mit dem Inhalte des von uns ent
worfenen Vergleiches nicht einverstanden sein sollten, ersuchen
wir Sie, die von Ihnen relevierten Punkte dem Mitgliede unserer
Geschäftsleitung, Herrn Sektionsrat Dr. Richard Hoynigg, telefonisch
bekanntzugeben, worauf sicherlich in der kürzesten Weise eine
Aufklärung oder Einigung erfolgen wird.


Wir übermitteln Ihnen weiters in der Beilage auch den
Brief unserer Buchhaltung vom 3. März 1934, mit welchem Ihnen die
erforderlichen Buchungsaufgaben erteilt werden. Im Sinne dieses
Briefes wird Ihnen der Geldbetrag per S 700.–– durch den Ueber
bringer dieses Schreibens übermittelt.


Die in unserem Besitze befindlichen Lesezeichen Nr. 311
werden wir Ihnen sogleich nach deren Zusammenfassung in Bündel
zustellen.


Die beiden kompletten Sammlungen übermitteln wir Ihnen
durch den Ueberbringer dieses Schreibens.


Herr Sektionsrat Dr. Richard Hoynigg hat uns weiters
mitgeteilt, dass Ihr Klient, Herr Karl Kraus, erwarte, dass wir
mit Rücksicht darauf, dass er von seiner ursprünglichen For
derung, betreffend die Publikation einer Erklärung in der
Neuen freien Presse (vorletzter Absatz Ihres Schreibens vom
30. November 1933), absieht, freiwillig den von ihm verlangten
Betrag für wohltätige Zwecke von S 300.– auf S 500.– erhöhen,
dass jedoch dieses Verlangen keine conditio sine qua non des
Vergleichsabschlusses bildet. Mit Rücksicht darauf, dass unser
Budget für Wohltätigkeitszwecke insbesonders durch zahlreiche
namhafte Spenden für die Winterhilfsaktion und in der letzten
Zeit durch die Spende des Betrages von S 3.000.– für die bei
der Revolte vom 12. bis 16. Feber 1934 gefallenen Mitglieder der
Exekutive äusserst in Anspruch genommen ist, sind wir zu unserem
grössten Bedauern nicht in der Lage, den ursprünglich verlangten
Betrag für wohltätige Zwecke von S 300.– zu erhöhen.


Wir glauben, dass nunmehr diese Angelegenheit zur
Gänze bereinigt ist, und danken Ihrem Klienten für sein Ent
gegenkommen. Wir hoffen, dass sich Ihr Klient an Hand des ihm
übermittelten Exemplares des gegenständlichen Sammelwerkes
davon überzeugen wird, dass wir mit der gegenständlichen Aktion
durchaus nicht beabsichtigten, die Werke der Literatur und deren
Träger in kommerziell eigennütziger Weise für Plusmacherzwecke
auszunützen, sondern dass es sich uns – wie Ihnen Herr Sektions
rat Dr. Richard Hoynigg ja bereits mündlich auseinandersetzte –
darum handelt, die Kapitalien, welche nun einmal bei den gegebe
nen Verhältnissen für Werbezwecke investiert werden müssen, doch
auch zumindest in den Dienst der Weiterbildung der breiten
Masse zu stellen.


Wir zeichnen mit dem Ausdrucke unserer
vorzüglichsten Hochachtung
Hoynigg


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