Sehr geehrter Herr Kollege!


Ihr Schreiben vom 27. Dezember habe ich HerrnKraus, wie angekündigt, gestern zur Kenntnis gebracht.


Um sofort in die Sache selbst einzugehen und zur
Frage der Beiziehung eines Sachverständigen Stellung zu
nehmen, teile ich Ihnen mit, dass Herr Kraus, wie ich ver
mutet habe, mit der Person des Herrn Prof. Otokar Fischer
als Sachverständigen einverstanden ist. Er ist überzeugt
davon, dass dieser Sachverständige das in Frage stehende
Problem am besten verstehen und dem Richter klar machen
wird können. Vielleicht ist es aber möglich, auch ohne
Sachverständigen dem Richter zum Bewusstsein zu bringen,
welches Missverständnis dem Durchschnittsleser des Satzes
ohne Beistrich passieren kann und zwar, wie Herr Kraus meint,
am leichtesten einem tschechischen Leser, bei dem die
missverständliche Auffassung durch die tschechische Syntax
erleichtert wird. Es besteht nämlich die Möglichkeit, im
Satz „Kein Wort das traf“, das Wort „das“ als Accusativ
objekt in der Inversion aufzufassen, sodass das Wort „das“
sich auf den ganzen vorhergehenden Inhalt der Verse bezöge.
Die Auffassung des Lesers müsste also dahingehen, dass kein
Wort diese Stille, die es gab, da die Erde krachte, treffen
konnte. Herr Prof. Dr. Fischer würde als Sachverständiger
wahrscheinlich selbst auf diese beiden Möglichkeiten in
der Auffassung draufkommen, man könnte sie aber dem Richter
schon vorher vor Augen führen, indem man sie nebeneinander
stellte. Herr Kraus lässt es aber auch Ihrer prozessualen
Taktik, den Richter durch eine Fragestellung nach seiner
Auffassung selbst auf diese beiden Möglichkeiten drauf
kommen zu lassen.


Im übrigen teile ich vollständig Ihre Ansicht,
dass dieser Umstand überhaupt nicht zu überprüfen ist,
weil der Autor ein Recht darauf hat, dass seine Texte
unverändert wiedergegeben werden. Ihre juristischen Aus
führungen bezüglich des Wortes „betrifft“ und Ihre Meinung,
dass der tschechische Text die Auslegung sowohl im Sinne
von „tangere“ als auch von „an die Ehre“ ermöglicht,
muss schon im Sinne des Berichtigungserfordernisse lediglich
in erster Hinsicht entschieden werden, denn für die
Tangierung der Ehre sind ja eigene Paragraphen geschaffen
und die meisten Berichtigungen betreffen ein Tatsachengebiet,
welches mit Ehre gar nichts zu tun hat. Wenn man der zweiten
Auffassung zustimmte, so könnte man niemals berichtigen, ob
man einer Partei angehört oder nicht, ob man verheiratet
ist oder nicht, u. dgl. mehr. Die österreichische Praxis
geht ja in dieser Hinsicht viel weiter als anscheinend die
tschechische, da sie sogar nicht physische Tatsachen, Tatsa
chen, die nur der inneren Erkenntnis zugänglich sind, für
berichtigungsmöglich hält. Die nur nebenbei, für den vor
liegenden Fall spielt dies jedoch keine Rolle.


Ich zeichne


mit vorzüglicher kollegialer Hochachtung
als Ihr ergebener


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