Der Gegen-Angriff, 17.12.1933Die letzten Tage der MenschheitEine Lanze für Karl KrausDie Fackel


Prag, am 3. Jänner 1934.


Dr.T./M.


An den verantwortlichen Redakteur der Zeitschrift
Der Gegenangriff
Dr. Marie Schnierer,
Prag XI.,Biskupcova 23.


Als Rechtsanwalt des Herrn Karl Kraus,
Herausgebers der „Fackel“, verlange ich die Aufnahme der folgen
den Berichtigung der in dem Artikel „Lanze für Karl Kraus“ in
der Nummer 22 vom 17. Dezember 1933 Ihrer Wochenschrift enthal
tenen Nachrichten:


Pressberichtigung:


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[Es ist unwahr, dass ein Hochverratsverfahren eingeleitet
war, wahr ist, dass auf Grund einer anonymen Denunziation Vorerhebun
gen wegen Verbrechens gegen die Kriegsmacht des Staates gepflogen
wurden, das angeblich bei einer Vorlesung am 27. März 1918 begangen
worden war. Dieser Fall wurde erst nach dem Kriege am 18. November
1918 ad acta gelegt.] 3


Hochachtungsvoll


Eingeschrieben gegen Rückschein
mit dem Zustellungsvermerke.
Falls Zustellung in Prag XI., Biskupcova 23,
undurchführbar, zuzustellen: Prag I.,Dlouhá tř. 47/49 / Kanzlei Dr. Sig. Stein./


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Entwurf


Dr.Sa/Ma.
Betrifft: KrausGegenangriff


An den
verantwortlichen Redakteur der Zeitschrift„Der Gegenangriff“,
Prag.


Als Rechtsanwalt des Herrn Karl Kraus, Heraus
geber der Fackel, verlange ich die Aufnahme der folgenden Berich
tigung im Sinne des § 11 der Pressenovelle aus dem Jahre 1933.


Sie schreiben unter dem Titel „Lanze für Karl Kraus“:
„Niemals nahm Karl Kraus Rücksicht, weder auf sich noch auf
andere. Immer fand er den Mut, sich gegen eine Welt zu stellen.
Auch im Weltkriege. Gewiss, er lehnte es ab, sich unter österrei
chische Zensur stellen zu lassen.“


Es ist unwahr, dass Karl Kraus es ablehnte, sich unter
österreichische Zensur stellen zu lassen. Wahr ist, dass die
Fackel von Nr. 404 an, erschienen am 5. Dezember 1914, bis zur
Nr. 498, erschienen am 15. Oktober 1918, wie jede andere österreichische Druck
schrift unter österreichische Kriegszensur gestellt war.


Sie schreiben: „Nach wenigen Monaten des Schweigens
schon, als es Victor Adler gemeinsam mit ihm gelang, durch
Anfragen im österreichischen Parlament die ‚Fackel‘ gegen die
Zensur zu immunisieren, schrieb er gegen die grosse Zeit, die
er schon kannte, als sie noch so klein war.“


Es ist unwahr, dass es nach wenigen Monaten des
Schweigens Victor Adler gemeinsam mit Karl Kraus gelang, durch
Anfragen im österreichischen Parlament die Fackel gegen die
Zensur zu immunisieren, und dass er hierauf gegen die grosse
Zeit schrieb. Wahr ist, dass der Aufsatz „In dieser grossen Zeit
von der Zensur unbehelligt am 5. Dezember 1914 in der Nummer404 der Fackel erschienen ist war . Wahr ist, dass die erste
Immunisierung während des Krieges durch eine Anfrage in der
Sitzung des österreichischen Abgeordnetenhauses vom 26. Juni 1917
erfolgt ist, welche zahlreiche bis dahin von der Kriegszensur
konfiszierte Artikel und Stellen der Fackel betraf, und dass
diese Anfrage mit den immunisierten Artikeln und Stellen in der
Nummer 462 vom 9. Oktober 1917 zum Abdruck gelangt ist. Wahr ist,


dass sich unter den Namen der Unterzeichner der Anfrage der
Name Victor Adler nicht bef indet and . Wahr ist, dass weiterhin wiederholt
Konfiskationen stattgefunden haben vorgenommen wurden . Eine Immunisierung dieser
Artikel und Stellen erfolgte durch die Anfrage des von Abgeordneten,
Max Winter und Genossen, darunter Victor Adler, in der Sitzung
des österreichischen Abgeordnetenhauses vom 20. Dezember 1917
und durch eine weitere Anfrage des von Abgeordneten Max Winter und
Genossen
(ohne Victor Adler) in einer Sitzung im Jahre 1918,
deren genaues Datum sich nicht mehr feststellen lässt
. Diese
beiden Immunisierungen wurden in der Nummer 508 der Fackel im
April 1919 veröffentlicht.


Sie schreiben: „Und trotz eines Hochverratsverfahrens
und trotz der Gefahr der Verhaftung veröffentlichte er die ersten
Szenen aus der gewaltigen Apokalypse ‚Die letzten Tage derMenschheit‘.“


Es ist unwahr, dass ein Hochverratsverfahren eingelei
tet war, wahr ist, dass ein Verfahren Vorerhebungen wegen des Verbrechens
gegen die Kriegsmacht des Staates aufgrund einer anonymen Den. gepflogen wurden anhängig war, das angeblich
bei einer Vorlesung am 27. März 1928 begangen worden war. Dieses Dieser
Verfahren Fall wurde erst nach dem Kriege am 27. März 1918 18. November 1928 ad acta
gelegt. Es ist unwahr, dass Karl Kraus trotz diesem Verfahren
die ersten Szenen aus den „Letzten Tagen der Menschheit“ ver
öffentlicht hat. Wahr ist, dass eine Szene aus den letzten Tagender Menschheit bereits im Mai 1916, eine weitere Szene im Oktober
1918 erschienen ist.


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