Der Gegen-Angriff


Sehr geehrter Herr Kollege!


Herr Kraus, dem ich Ihre Briefe vom9. und 10. Juli 1934 zur Einsicht übergeben habe, lässt Ihnen
für diese bestens danken, insbesondere für die Sorgfalt, mit
der Sie die Zeitung durchgesehen haben, wodurch Sie auf die
eingesendete Bemerkung kamen. Was nun diese betrifft, so meint
er, dass die Berichtigung eines Druckfehlers in dem Zitat der
Annonce wahrscheinlich nicht in Betracht kommt, schon wegen
der Judikatur, die ja die berichtigungsfähigen Tatsachen so
erheblich einschränkt. Dagegen bin ich der Ansicht, dass, wo
ferne in der Tschechoslovakei noch das österreichische Bürger
liche Gesetzbuch gilt, gemäss § 1330 abGB eine Klage auf Wider
ruf und Veröffentlichung derselben eventuell auch auf Schaden
ersatz eingebracht werden kann. Denn die unwahre Behauptung,
die Werke Karl Kraus’ würden im Ramsch verkauft, ist geeignet,
den Kredit und den Erwerb des Herrn Karl Kraus zu gefährden,
den Erwerb insbesondere deshalb, weil Leser das Werk nicht zu
Originalpreisen kaufen wollen, wenn sie gehört oder gelesen
haben, dass es verramscht ist, so dass der Absatz der Werke
auf grösste Schwierigkeiten stossen könnte. Allerdings gründet
sich die Behauptung auf eine wörtlich gebrachte Annonce, aus
der hervorgeht, dass die Werke nicht im Ramsch verkauft sondern
nur von einem anderen Verlag in Prag in Generalkommission über
nommen wurden. Die Lügenhaftigkeit der Behauptung widerlegt
sich daher von selbst durch den Inhalt der Annonce. Immerhin
besteht aber doch die Gefahr, dass Leser nur die Behauptung
erfassen und nicht die geistige Kontrolle ausüben.


Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir
mitteilten, wie sich die Sache nach tschechischem Recht ver
hält und welche Meinung Sie über die Durchsetzbarkeit des An
spruches haben.


Indem ich Ihnen noch die besten Grüsse des
Herrn Kraus übermittle, zeichne ich, mit vorzüglicher kollegialer


Hochachtung
Ihr ergebener


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