Sehr geehrter Herr Doktor!
Ich sende Ihnen in der Beilage
das Konzept derKlage gegen Dr. Marie Schnierer wegen der im Artikel „Mut, Feigheitoder Verrat“ enthaltenen Beleidigungen, ferner die Klage auf
Widerruf der Notiz, in welcher behauptet wird, die Werke des
Herrn Kraus würden im Ramsch
verkauft, schliesslich eine Klage
gegen den verantwortlichen Redakteur des „Sozialdemokrat“ wegen
der im Artikel „Die Fackel als Fascistische Hetzschrift?“ enthal
tenen Beleidigungen.
Diesen Klagen schliesse ich zu Ihrer Informa
tion die betreffenden
Nummern der beiden Zeitschriften bei und
bitte, mir diese wieder zu
retournieren, da ich nicht weiss, ob
nicht eine oder die andere dieser
Nummern bereits vergriffen ist.
Herr Kraus hat auch noch
gewünscht, dass ich die Be
richtigung einzelner im Artikel „Die Fackel als fascistische Hetzschrift?“
veröffentlichter Tatsachen verlange. Es waren dies fol
gende Sätze: „Obendrein kann er
es den Arbeitern nicht verzeihen,
dass sie ihm den elektrischen
Strom abgeschnitten haben“ …
„… versteigt er
sich dazu, einen ausgewachsenen Zuchthäusler
über Lassalle zu stellen“ … „der leitende
Gedanke ist ein
fach, die kurzsichtige Erwägung, dass der Fascismus in Österreich
und Italien die
Juden ungeschoren lässt und darum das kleinere
Uebel gegenüber dem
Hitlerfascismus darstellt“ … „an einigen
Stellen seines Pamphlets
versucht Kraus
auch die čechoslovakischen
Behörden gegen die österreichische Emigration und gegen einzelne
Schriftsteller
aufzuputschen.“
Ich habe mir jene Stellen der
Fackel, auf welche die hier
angeführten Sätze Bezug nehmen
wollen, genau durchgesehen und kon
statiert, dass eine Berichtigung dieser Sätze sehr schwer wäre.
Da unser Berichtigungsrichter den Berichtigungsparagraphen in der
Weise auslegt, dass sich die
verlangte Berichtigung auf die Negierung
der berichtigten Tatsache sowie
auf die Antithese ins Positive
beschränken müsse, wäre die Fassung des Berichtigungsschreibens,
wenn der Text der Berichtigung
selbst wirksam sein sollte, ausser
ordentlich schwierig. Zum Beispiel „Es ist unrichtig, dass ich es
den Arbeitern nicht verzeihen
kann, dass sie mir den elektrischen
Strom abgeschnitten haben.
Richtig ist, dass in dem in der Notiz
besprochenen Artikel d. Fackel“
bemerkt wurde, dass am 12. Februar
11 Uhr Vorm. in der Minute, da wir den letzten Korrekturstrich
anbrachten, derselbe Typus, der
gefragt hatte, warum die Fackel
nicht erscheint, uns das Licht
abgedreht hat.
Diese Form der Berichtigung wäre
unwirksam, weil für einen
Leser,
der weder die Fackel noch den
berichtigten Artikel oder
nur diesen gelesen hat,
unverständlich.
Aehnlich wäre es mit der
Berichtigung der anderen Behaup
tungen, deren Berichtigung Herr Kraus gewünscht hat. Mit
Rücksicht
darauf habe ich
Bedenken, die von Herrn
Kraus gewünschte Berichti-
gung zu verlangen und bitte Sie,
mir hierüber sowie über die
Klagsentwürfe Ihre Meinung bekanntgeben zu wollen.
Wie ich bereits in meinem letzten Briefe erwähnt
habe, möchte ich es gerne
vermeiden, Herrn
Kraus in der Zeit,
die
seiner Erholung gewidmet sein soll, mit den Angelegenheiten
der Prager Presse zu befassen.
Ich bin mit dem Ausdrucke
vorzüglicher Hochachtung
Ihr
ergebener
Dr. Turnovsky
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Beilagen.