Stimmen über Karl Kraus zum 60. Geburtstag.Kommentar zum Allgemeinen deutschen HandelsgesetzbuchDie Fackel


mit 16. 8. XI. VII. 35


Mit Rücksicht auf die zahlreichen Wider
sprüche in den Aussagen der bei der letzten Streitverhand
lung einvernommenen Zeugen und auf die zwischen der vorge
legten Korrespondenz und den Aussagen der Zeugen Redakteur
Jan Münzer, Dr. Bedřich Fučík una Jan Klasna bestehenden
Widersprüche ist die Klagspartei gezwungen, weitere Beweis
anträge zu stellen und tut dies zum Zwecke der Vereinfachung
der Protokollierung und aus Gründen der Prozessökonomie
schriftlich.


a./ Redakteur Jan Münzer, der zugibt, der
Initiator der Anknüpfung der Beziehungen zwischen den Pro
zessparteien zu sein und der anführt, er habe seine Briefe
immer auf Grund dessen geschrieben, was ihm entweder die be
klagte Firma oder der Kläger mitteilte, behauptet, er habe
sich niemals als Bevollmächtigten der beklagten Firma aus
gegeben, im Gegenteil der klagenden Firma wiederholt münd
lich und vielleicht auch schriftlich mitgeteilt, dass er
nicht Beamter der beklagten Firma und nicht berechtigt sei,
für diese zu handeln. Er gibt zu, dass die Klagspartei nur
mit ihm und sonst mit niemandem von der beklagten Firma verhandelt
hat. Ausser mit dem Eigentümer des klagenden Verlages hat
in dieser Angelegenheit nur der Zeuge Prof. Jaray mit Redak
teur Münzer, und letzterer Professor Jaray überdies noch mit Dr.
Fučík und dem zweiten Herrn vom Verlag Melantrich bei der Unterredung vom 16.XI.1934
verhandelt. Sonst haben überhaupt keine mündlichen Verhand
lungen stattgefunden. Bei keiner dieser Verhandlungen hat
Redakteur Münzer erklärt, von der Beklagten Firma nicht be
vollmächtigt zu sein, noch mitgeteilt, dass er weder Beamter
der beklagten Firma, noch berechtigt sei, für diese zu han
deln. Die Korrespondenz wurde dem Gerichte vollständig vor
gelegt. Es fehlt kein einziger Brief, auch kein von Herrn
Redakteur Münzer in dieser Angelegenheit abgesendetes
Schreiben. Im Briefe vom 22.II.1934 ersucht Herr Redakteur
Münzer ausdrücklich, man möge die Absendung der Bücher an ihn
persönlich avisieren. Es ist also unwahr, dass Herr Redak
teur Münzer der klagenden Firma mitgeteilt hat, dass er
nicht Beamter der beklagten Firma sei und nicht das Recht
habe, für diese zu handeln.


Beweis: Die gesamte bereits vorgelegte Korrespondenz,
neuerliche Einvernahme des Zeugen Prof. Dr.
Karl Jaray, Wien XIX, Langackergasse 22,
Parteienvernehmung.


b./ Herr Redakteur Münzer hat angeführt,
dass er überzeugt sei, dass die neuerschienen Hefte der
Zeitschrift DIE FACKEL nicht in den Kommissionsvertrag
fallen und dass die beklagte Partei diese Tatsache auch
anerkannt, jedoch ersucht hat, die Fackelhefte mögen auch
in das Kommissionsverhältnis aufgenommen werden, wiewohl
sie nicht hineingehört haben. Er gab an, nicht zu wissen,
ob der Kläger darauf eingegangen ist. Vor der am 16.XI.1934
im Gebäude des Melantrich-Verlages in Prag-Smíchov zwischen
Herrn Prof. Dr. Jaray, Dr. Fučík, Redakteur Münzer und einem
Beamten der beklagten Partei / offenbar Jan Klasna / abgehal
tenen Konferenz hat Herr Prof. Dr. Jaray alle Punkte, über
welche verhandelt werden sollte, mit Herrn Jan Münzer be
sprochen und ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass
ein Entgegenkommen in der Frage der Aufnahme der aktuellen
FACKEL und des vereinbarten 30%igen Rabattes für die Lie
ferung dieser aktuellen Hefte nicht in Betracht kommt.
Herr Redakteur Münzer hat dies zur Kenntnis genommen und
erklärt, er werde den Funktionären des Melantrich-Verlages
hievon Mitteilung machen. Vor der Unterredung mit diesen
Funktionären hat Herr Redakteur Münzer mit diesen über die
zwischen ihm und Herrn Prof. Dr. Jaray besprochenen Punkte
gesprochen und als Herr Prof. Jaray dann hinzukam, hat
ihm Herr Redakteur Münzer in Anwesenheit des Herrn Dr.
Fučík und des zweiten Beamten der beklagten Partei mit
geteilt, dass die Herren bereits zur Kenntnis genommen
haben, dass ein Entgegenkommen in der Frage des Rabattes
von den gelieferten aktuellen Fackelheften und der Auf
nahme dieser Lieferungen in das Kommissionsübereinkommen
ausgeschlossen ist. Da alle anwesenden Herren, mit Aus
nahme des Herrn Prof. Dr. Jaray, Tschechen sind, hat die
Unterredung zwischen Redakteur Münzer, Dr. Fučík und dem
dritten Herrn / Jan Klasna / jedenfalls in tschechischer
Sprache stattgefunden. Die Bemerkung des Zeugen JanKlasna, er habe, da Herr Prof. Dr. Jaray deutsch sprach,
diesen nicht gut verstanden, ist daher vollkommen unan
gebracht, weil er bereits vorher durch Herrn Redakteur
Münzer über diesen Punkt genau informiert war.


Beweis: Neuerliche Einvernahme des Herrn Prof. Dr.
Jaray.


c./ Die Bedingungen des Kommissionsüber
einkommens sind zwischen dem Eigentümer des klagenden
Verlages und Herrn Jan Münzer, der zugibt, immer nur im
Einvernehmen mit dem beklagten Verlage Erklärungen abge
geben zu haben, vereinbart worden noch bevor die Bücher
nach Prag transportiert wurden. Die Frage, was mit den
Büchern geschehen soll, war also durchaus klar, noch be
vor sich diese Bücher in Prag befunden haben. Es war
ausdrücklich vereinbart, dass die beklagte Partei die
Propagandaspesen zu bezahlen hat und diese Vereinbarung
wurde auch schriftlich und zwar im Briefe vom 5.II.1934
und 11.IV.1934 festgelegt, in welchen ausdrücklich darauf
hingewiesen wird, dass die beklagte Partei einen höheren
Rabatt deswegen verlangen müsse, weil sie die Regie und
Propagandaspesen tragen muss. Dies wurde auch bei der Un
terredung vom 16.XI.1934 von Dr. Fučík ausdrücklich aner
kannt mit dem Bemerken, dass man die Propagandaspesen nur
dann in Betracht ziehen müsse, wenn es sich um die Liquidie
rung des Vertragsverhältnisses handelt.


Das von Herrn Dr. Fučík erwähnte Propagandama
terial, von dem nach seiner Behauptung angenommen wurde,
dass es von der Klagspartei zur Verfügung gestellt wird,
bestand aus nichts anderem, als aus Inseraten, die, selbst
wenn irgendwelches Propagandamaterial vom Verlag FACKEL
jemals verwendet worden wäre, selbstverständlich vom be
klagten Verlage verfasst werden mussten. Ganz abgesehen
davon, dass man es diesem, über als Kommissionär und Ver
käufer der Bücher, überlassen musste, den Text der Inserate
selbst aufzusetzen, ist es doch selbstverständlich, dass
man dem Eigentümer des klagenden Verlages, der auch dessen
einziger Autor ist, nicht zumuten kann, Inserate zu ver
fassen, in welchen seine eigenen Bücher angepriesen werden.
Ueberdies konnte niemand voraussetzen, dass beim klagenden
Verlage irgendein Propagandamaterial vorhanden ist, welches
für die Pragerkommission Verwendung finden könnte.


Wenn also Herr Dr. Fučík in seiner Aussage sichtlich darauf
hinarbeitet, glaubhaft zu machen, dass nicht vereinbart war,
dass die Propagandaspesen nicht zu Lasten der beklagten
Firma gehen, dann geschieht dies im Widerspruch zu der
mündlichen und in den Briefen vom 5.II. und 11.IV.1934
schriftlich niedergelegten Vereinbarung, wobei er von dem
Propagandamaterial in einer Weise spricht, als ob es sich
um irgendetwas Grosses handeln würde, während es sich in
Wirklichkeit um nichts anderes handelt, als um die Stili
sierung kurzer Inserate. Dagegen steht fest, dass ein sehr
wirksames Propagandamittel von der beklagten Partei wis
sentlich nicht ausgenützt wurde. Anlässlich des 60. Geburts-
tages des Eigentümers des klagenden Verlages ist in Wien
eine Publikation erschienen, welche Beiträge von Schrift
stellern verschiedener Nationalität enthalten hat, die das
Schaffen des Autors der vom beklagten Verlage in Kommis
sion übernommenen Werke, Karl Kraus, gewürdigt haben. In die
ser Publikation waren auch Beiträge bekannter čsl. Schrift
steller und Dichter, wie Karel Čapek und Josef Hora, sowie
ein Beitrag des „Initiators“ der streitgegenständlichen
Vertragsangelegenheit, Jan Münzer, enthalten. Wiewohl also
der Initiator und Unterhändler Jan Münzer Gelegenheit hat
te, die Publikation zur Propagierung der Werke des Eigentümers
des klagenden Verlages zu empfehlen, hat er dies bewusst
und absichtlich unterlassen und diese Unterlassung später
Herrn Prof. Dr. Jaray gegenüber damit begründet, dass bereits
irgendwelche Differenzen zwischen den Parteien bestanden
hätten, derentwillen er es unterlassen habe, die von dieser Publika
tion dem beklagten Verlage Mitteilung zu machen.


Beweis: Zeuge Prof. Dr. Karl Jaray, Parteienvernehmung.


d./ Die beklagte Partei wendet unter an
derem gegen den Klagsanspruch ein, sie sei zur Zahlung des
wegen nicht verpflichtet, weil sie den Vertrag aufgekündigt
hat. Dazu muss bemerkt werden, dass der Vertrag im Zeit
punkte der Klagsüberreichung von der Beklagten nicht auf
gekündigt war und dass sie überhaupt nicht berechtigt ist,
den Vertrag einseitig aufzukündigen. Das Recht steht stünde ihr
selbst dann nicht zu, wenn es wahr wäre, dass der Punkt 6
des Vertragsentwurfes vom 30.III.1934 Anwendung finden darf.
Auch der Kommissionär ist nicht berechtigt, den Vertrag zur
Unzeit zu kündigen, tut er dies, insbesondere also zu einer
Zeit, wo der Kommissionär ausser der Lage ist, andere Vorkeh
rungen zu treffen, so wird er schadenersatzpflichtig / § 1021
A.B.G.B. vide Stab- Pisko Kommentar zum Allgemeinen deutschen
Handelsgesetzbuch Anmerkung zu Artikel 360 Seite 423 zweiter
Band, Ausgabe ex 1910 /. Die Aufkündigung des auf lange Dauer
berechneten Kommissionsverhältnisses nach Ueberreichung der
Klage in einem Zeitpunkte, in welchem die mit dem Transporte
der Bücher von Leipzig und Wien nach Prag verbundenen und
später aus dem Ertrage der Bücher von der Klagspartei zu
ersetzenden Transportspesen durch den Verkauf der Bücher
noch nicht hereingebracht werden konnten, muss unbedingt als
zur Unzeit gegeben angesehen werden und ist daher, ganz abge
sehen von den durch sie begründeten Schadenersatzansprüchen
unstatthaft.


Beweis: Parteienvernehmung.


1


Prof. Dr. Karl Jaray: „Ich habe in dieser Angelegenheit zum
ersten Mal mit Redakteur Münzer am 7.2.1934 verhandelt.
Damals teilte mir Münzer mit, dass die Parteien die Ab
sicht haben, die Bücher des Verlages Die Fackel nach Prag zu
transportieren, dass jedoch noch ein kleines Hindernis be
steht, welches die Transportauslagen betrifft. Er teilte
mir ferner mit, dass die beklagte Partei von ihm verlangt,
er möge die Garantie für diese Transportkosten bis zum
Betrage von 6.000 Kč garantieren übernehmen, was er aller
dings selbst nicht tun könne und dass er beabsichtige, meh
rere Personen, die gemeinsam diese Garantie zu übernehmen
bereit wären, zu gewinnen. Noch am gleichen Tage hathaben diese
Garantie Dr. Max Lobkowicz, ich und Münzer übernommen. Dies
haben wir Münzer bekanntgegeben, welcher uns mitteilte,
dass er die Garantieurkunde bei der Beklagten unterschrei
ben müsse und dass die Angelegenheit jetzt erledigt ist.
Ich bemerke, dass auch Dr. Max Lobkowicz und ich die Garan
tieerklärung unterschrieben haben. Ich habe von dieser An
gelegenheit dann einige Monate nichts gehört und erst an
fangs Mai 1934 habe ich vom Kläger erfahren, dass Differen
zen entstanden sind. Ich füge noch hinzu, dass ich den Kläger von der oben erwähnten Garantie keine Mitteilung ge
macht habe. Nach der Mitteilung des Klägers sind die Diffe
renzen hauptsächlich bezüglich der Transportspesen entstanden.
Ich habe dem Kläger den Antrag gestellt, dass ich über die
Angelegenheit mit Münzer verhandeln werde, da ich ohnedies
nach Prag fahren musste. Die Rücksprache mit Redakteur
Münzer hat am 13.6.1934 im Café SLAVIA in Prag stattgefunden.
Damals hat mir Münzer erzählt, wie es zu der ganzen Sache
gekommen ist und den Fall so geschildert, dass der Direktor
des beklagten Verlages, Šalda, die Absicht hatte, dem Verlage
der beklagten Firma Werke fremder Autoren anzugliedern,
dass er da insbesondere an russische und deutsche Autoren
gedacht habe und dass Münzer zwischen der Klagspartei und
der Beklagten vermittelt habe. Wir sprachen dabei dann
über die damals entstandenen Differenzen und zwar über
die Kosten des Transportes der Bücher nach Prag. Ich bemerkte,
dass ich überzeugt gewesen sei, dass diese Kosten von der
Beklagten bezahlt werden, worauf Münzer mitteilte, dies
sei ein Irrtum, die beklagte Partei sollte diese Kosten
der Klagspartei bloss kreditieren. Münzer erklärte sodann,
dass jetzt die ganze Sache in Ordnung sei. Daraufhin bin
ich abgereist. Redakteur Münzer hat sich mir gegenüber
immer als Angestellten der beklagten Firma ausgegeben, was
er mir später so erklärte, dass die beklagte Firma zwei Ab
teilungen habe und zwar einen Bücher- und einen Zeitungsverlag.
Später habe ich dann vom Kläger, der mir auch die Korrespon
denz zeigte, erfahren, dass diese Differenzen nicht besei
tigt sind und dass die beklagte Partei verlangt, dass auch
die Zeitschrift „Die Fackel“ und zwar auch die neu er
scheinenden Hefte in den Vertrag einbezogen werden. Ich
habe mich erbötig gemacht, mit Münzer neuerlich zu verhan
deln. Ich habe damals Münzer mitgeteilt – es war dies in der
Zeit vom 14 bis 16.XI.1934 –, dass die Zeitschrift FACKEL
und zwar die neuen Hefte / wir nannten sie die aktuellen
Hefte / nicht in die Generalkommission fällt, dass für diese ein
30%iger Rabatt gilt, welchen die beklagte Partei – wie jeder
andere Buchhändler geniesst, dass dieser Rabatt nicht er
höht werden kann. Münzer sagte mir damals, er wisse das
und auch die Fa. Melantrich wisse es und es habe sich nur
um ein Ansuchen gehandelt. Münzer teilte mir damals mit,
dass der Abverkauf der Bücher des Klägers sehr schlecht ist
und dass er am liebsten das ganze Verhältnis liquidieren
möchte. Am 16.XI.1934 hatte ich dann eine Konferenz bei der
beklagten Firma und zwar mit Dr. Fučík, Jan Münzer und noch
einem Herrn vom beklagten Verlage, dessen Namen ich nicht kenne. Damals teilte
mir Dr. Fučík mit, dass die Transportspesen Kč 10.717.–, die
Propagandaspesen Kč 6.456.–– und die Einnahmen aus dem Ver
kaufe der Bücher des Klägers cca. 7.000 Kč betragen. Ich
fragte damals Münzer, warum in den Ausgaben auch Propaganda
spesen enthalten sind, welche nach dem Kommissionsvertrage
nur von der beklagten Firma zu bezahlen sind, worauf mir
sowohl Herr Dr. Fučík, als auch Redakteur Münzer konform
antworteten, dass nach dem Kommissionsvertrage, also nach
dem bestehenden Vertragsverhältnisse diese Kosten nicht
in die Verrechnung gehören, dass jedoch im Falle einer Liqui
dierung alle Ausgaben und Einnahmen berücksichtigt werden
müssten. Damals teilte mir auch Red. Münzer in Anwesen
heit der genannten Personen mit, dass die Anwesenden zur
Kenntnis genommen haben, dass der 30%ige Rabatt von den
aktuellen Fackelheften nicht erhöht werden kann. Damals
verlangte Dr. Fučík für den Fall der Auflösung des Kommis
sionsverhältnisses, der Kläger solle die ganze Differenz
zwischen den Einnahmen und Ausgaben übernehmen, worauf ich
erwiderte, dass dies ganz ausgeschlossen sei. Darauf habe
ich dann von der Beklagten einen Brief vom 13.XII.1934 er
halten, in welchem mir mitgeteilt wird, dass sie nicht be
reit sei, einen Teil des Verlustes zu übernehmen. Ich war
damals überzeugt davon, dass Red. Münzer im Einvernehmen
und mit Kenntnis der beklagten Partei handelt und dachte,
dass er ein führender Beamter der beklagten Firma sei.
Dies habe ich aus dem Auftreten des Red. Münzer geschlossen.
Es ist richtig, dass Münzer, wenn er etwas vereinbart hat,
sich zunächst vorher an die beklagte Firma gewendet hat
und dann mitgeteilt hat, ob die beklagte Firma damit ein
verstanden ist.


Jan Münzer: „Ich bin Redakteur der Morgenausgabe des
České Slovo, dessen Herausgeberin die Aktiengesellschaft
Melantrich ist. Ich bin der Initiator des Gedankens der
Anknüpfung von Geschäftsbeziehungen zwischen beiden Parteien.
Damals bestand die Befürchtung, dass das Wiener-Lager der
klagenden Firma im Hinblick auf die politischen Verhältnisse
gefährdet sein könnte und ich habe mich deswegen an den
Generaldirektor der beklagten Firma, Šalda, gewendet, habe
ihm aber damals noch keine besonderen Anträge gestellt.
Ich habe ihm nur geschildert, wie sich die Sache verhält
und ihm mitgeteilt, dass der Kläger es verdienen würde,
dass sein Lager gerettet werde. Šalda hat mir damals er
widert, dass er nichts dagegen hätte. Ich bemerke, dass ich
mich niemals als Bevollmächtigter der beklagten Firma aus
gegeben habe, dass, ich im Gegenteil der klagenden Firma
wiederholt mündlich und vielleicht auch schriftlich mitge
teilt habe, dass ich nicht Beamter der beklagten Firma und
nicht berechtigt bin, für sie zu handeln und ich habe auch
niemals in der Korrespondenz mit der Klagspartei und über
haupt bei Verhandlungen in dieser Angelegenheit für die Be
klagte etwas unterschrieben. Ich habe den Kommissionsver
trag, zwischen den Parteien weder abgeschlossen noch verhan
delt, sondern dieser wurde zwischen den Parteien und zwar
schriftlich auf Grund der zwischen ihnen gewechselten Kor
respondenz vereinbart. Ich bemerke, dass ich bei der be
klagten Firma keinerlei Stellung habe und dass ich in die
ser Angelegenheit bei Verhandlungen mit der Klagspartei,
wenn diese irgendeinen Antrag stellte, immer erklärt habe,
dass ich glaube, die Firma Melantrich werde darauf eingehen
und dass ich sie befragen werde. Auf Grund dessen, was ich
über diese Sache weiss, bin ich überzeugt, dass die neuer
schienenen Hefte der FACKEL nicht in den Kommissionsvertrag
fallen und dass die beklagte Partei diese Tatsache auch
anerkannt hat. Diese hat jedoch damals ersucht, die Fackelhefte
mögen auch in das Kommissionsverhältnis aufgenommen werden,
wiewohl sie deswegen nicht hineingehört haben und zwar
hat sie dieses Ersuchen deswegen gestellt, weil nach ihren
Angaben das Ergebnis des Verkaufes der Bücher des Klägers
sehr schlecht war und nur durch Aufnahme der Fackelhefte in
den Kommissionsvertrag verbessert werden könnte. Ob der
Kläger darauf eingegangen ist, weiss ich nicht. Ebenso ist
mir unbekannt, in welcher Art die Transportkosten für die
Ueberführung des Lagers von Wien und Leipzig nach Prag
später zwischen den Prozessparteien verrechnet werden sollten.
Es ist richtig, dass nach dem von mir an den Kläger ge
schriebenen Briefe die Propagandaspesen von der beklagtenPartei zu zahlen waren. Meine Briefe habe ich immer auf
Grund dessen geschrieben, was mir entweder die Beklagte
oder der Kläger mitteilte. Dieser hat mündlich in dieser
Angelegenheit nur mit mir und mit niemandem von der beklag
ten Firma verhandelt.“


Dr. Bedřich Fučík: „Ich bin Direktor und Kollektivprokurist
des Verlages Melantrich. Es ist richtig, dass Redakteur JanMünzer die Geschäftsverbindung zwischen den Parteien ver
mittelt hat. Nach Münzers Mitteilungen hat es sich ursprüng
lich nur darum gehandelt, das Lager des Klägers, welches
gefährdet war, an einen gesicherten Ort zu überführen und
es wurde daher ursprünglich überhaupt nicht über einen Kom
missionsvertrag verhandelt. Unsere Firma war damit einver
standen, dass das Lager des Klägers nach Prag überführt
werde, damit es vor der Vernichtung bewahrt bleibe und war
auch bereit, die Kosten dieses Transportes vorläufig für
den Kläger zu bezahlen und sie ihm zu kreditieren.
Es war nicht vereinbart, wie dann diese von der beklagtenPartei aufgewendeten Spesen mit dem Kläger verrechnet wer
den sollten. Damals haben wir nicht damit gerechnet, dass
das Lager des Klägers so gross ist. Wir haben überdies eine
Sicherstellung der Transportspesen verlangt und erhalten.


Der durch die persönliche Garantie des Prof. Dr. Jaray,
Dr. Lobkowicz und Jan Münzer sichergestellte Betrag belief
sich auf 6.000 Kč. Dieser Betrag wurde uns im September
1935 bezahlt. Als wir dann das Lager des Klägers in Prag
hatten, hat es sich darum gehandelt, was man mit ihm beginnen
soll und deswegen haben wir dem Kläger den Vertragsentwurf
vom 30.3.1934 eingesendet, nachdem ich vorher mit Red. Münzer
darüber verhandelt hatte, dass wir den kommissionsweisen
Verkauf der Bücher des Klägers für die Č.S.R. und vielleicht
auch für Deutschland gegen einen Rabatt von 50% übernehmen
und dem Kläger die Transportkosten kreditieren könnten.
Damals ist nichts darüber vereinbart worden, wie diese Ko
sten später dem Kläger zu verrechnen sind. In dem Vertrags
entwurf haben wir allerdings einen 60%igen Rabatt verlangt,
da wir nach Einlangen des Lagers feststellten, dass es sich
um eine einigermassen von den üblichen Kommissionen abwei
chende Kommission handeln wird. Es waren nämlich hier unbe
kannte Bücher und deshalb war es war notwendig, Geschäfts
verbindungen auch mit deutschen Buchhändlern, mit denen wir
nicht in Geschäftsverbindung waren, anzuknüpfen und die
Bücher auch bei den tschechischen Kundschaften zu propagieren.
Da uns jedoch der Kläger später auf Grund einer Aufstellung
davon überzeugt hat, dass er auf einen 60%igen Rabatt tat
sächlich nicht eingehen könne, haben wir in einem späteren
Briefe von dieser Forderung Abstand genommen und auf einen
50%igen Rabatt zurückgegriffen. Ursprünglich war nichts
darüber vereinbart, wer die Propagandaspesen zu zahlen hat.


Damals haben wir vorausgesetzt, dass uns die Klagspartei
das Propagandamaterial zur Verfügung stellen wird. Als sie
uns mitteilte, dass sie kein Propagandamaterial besitze,
haben wir dieses Material selbst angefertigt. Soweit ich
auswendig weiss, hat dies 6.000 Kč gekostet. Nach meiner
Ueberzeugung ist es nicht zum Abschlusse eines fixen Kom
missionsvertrages gekommen und es war nur der 50%ige Rabatt
vereinbart. Endlich wurde das Verhältnis gekündigt. Nach
meiner Ueberzeugung hat nur ein faktischer Zustand
existiert, nämlich, dass wir die Ware der beklagten Partei
in Kommission verkauft haben und zwar nach der im Briefe
vom 3.7.1934 enthaltenen Vereinbarung. Nur das fakti
sche Verhältnis und diese Vereinbarung vom 3.7.1934 ist
nach meiner Ansicht gekündigt worden. Da während der gan
zen Verhandlungen niemals eine Erwähnung darüber getan
wurde, dass die neu herausgegebenen Hefte der Zeitschrift
Die Fackel“ nicht unter das Kommissionsverhältnis fallen
und dass bezüglich dieser Hefte nicht der 50%ige Rabatt zu
gelten habe, hatten wir diese Hefte für einen 50%igen Rabatt
in Kommission. Ich weiss daher nicht, wie die Klägerin dazu
kam, uns von den alten Fackelheften 50%, von den neuen bloss
30% zu gewähren. Darüber, wann wir die Kosten der Ueberführung
des Lagers von Wien und Leipzig nach Prag mit dem Kläger ver
rechnen sollen, nämlich ob wir die Bezahlung dieser Kosten
erst bei Auflösung des Verhältnisses mit dem Kläger zu ver
langen haben oder ob wir sie uns schon früher aus dem Ver
kaufserlöse, den wir dem Kläger überweisen sollten, abziehen
sollen, ist überhaupt nichts vereinbart worden. Es ist rich
tig, dass die Transportspesen 10.717.– Kč und ganz bestimmt
richtig, dass die Propagandaspesen 6.491 55 Kč betragen haben.
Mündlich hat niemand von unserem Vertrage in dieser Angele
genheit mit dem Kläger verhandelt. Es ist richtig, dass wir
damals dem Kläger eine Kopie des Entwurfes Beilage K orig
eingesendet haben und dass ihn uns die Klagspartei weder unter
schrieben noch retourniert hat. Ich kann mich nicht erinnern,
dass bei der Unterredung mit Prof. Jaray und Red. Münzer bei
uns überhaupt die Rede davon war, dass die neuen Fackelhefte
nicht in den Kommissionsvertrag fallen und dass wir diese
Tatsache damals anerkannt hätten. Ich schliesse es aus, dass
wir bei der Unterredung mit Prof. Jaray und Red. Münzer aner
kannt haben sollen, dass die Propagandaspesen von uns zu be
zahlen sind.


Jan Klasna: Ich bin Disponent der beklagten Partei. Mündlich
habe ich in dieser Angelegenheit mit dem Kläger nie verhandelt,
sondern nur die Korrespondenz mit der Klagspartei teilweise
und zwar ab Juni 1934 geführt. Die frühere Korrespondenz hat
unser Beamter Novotný geführt und ich selbst habe über diese
Angelegenheit nur mit Redakteur Münzer verhandelt.


Meine aktivste Handlung in dieser ganzen Angelegenheit be
stand darin, dass ich der Klagspartei schriftlich erklärt
habe, dass wir uns mit einem 50%igen Rabatt begnügen.
Nach meiner Ansicht ist es überhaupt nicht zum Abschluss
eines fixen Kommissionsvertrages gekommen, weil immer wieder
neue Differenzen entstanden sind. Nach meiner Ansicht haben
auch die neuen Fackelhefte in das Kommissionsverhältnis ge
hört, weil das Gegenteil nirgend vereinbart war und wir haben
auch niemals das Gegenteil anerkannt, wenigstens erinnere
ich mich nicht, dass wir dies bei der Unterredung mit Prof.
Jaray anerkannt hätten. Dazu bemerke ich, dass ich, da ich
nicht Herr Prof. Jaray deutsch sprach, diesen nicht gut ver
standen habe. Auch über die Verrechnungsart der Ueberfüh
rungskosten des Lagers nach Prag, nämlich wann wir diese
Kosten dem Kläger verrechnen sollen und deren Bezahlung
verlangen, resp. wann wir uns diese Kosten von den Eingängen,
die dem Kläger zu überweisen waren, abziehen sollen, ist
keine Einigung zustandegekommen, weil wir unsere Forderung
nach einem 60%igen Rabatt gefallen ist. Ich bemerke, dass
ich im Briefe vom 8.II.1935 in der ersten Kolonne die Laden
preise, in der zweiten Kolonne die Netto-preise der Bücher
nach Abzug des 50%igen Rabattes angeführt habe. Was die
Propagandaspesen betrifft, waren sie tatsächlich notwendig
und zweckmässig und Prof. Jaray hat diese Tatsache auch an
erkannt. Ich weiss, dass die Bezahlung dieser Spesen von Dr.
Fučík beim Kläger reklamiert wurden, woraus ich schliesse,
dass die Klagspartei sie zu bezahlen hatte.