Sehr geehrter Herr Doktor.


Ich bestätige Ihnen den Empfang Ihres
frdl. Schreibens vom 26. d.M. und gestatte mir zur Aufklärung mei
nes Briefes vom 22. d.M. folgendes zu bemerken:


Ohne Berücksichtigung des Rechtstand
punktes, d.h. der Frage, ob der M.-Verlag berechtigt ist, die
Hälfte des Verkaufserlöses der Bücher und die Hälfte des Verkaufs
erlöses der Fackelhefte á konto der Transportspesen zurückzuhalten,
wäre die Verrechnung des M-Verlages richtig. Er hat auf beide
Ausgabenposten per 17.294.90 Kč
die von Herrn Dr. Lobkowicz erhaltenen 6.000 Kč
und die in meinem Briefe vom 22.
XI.1935 angeführten 3.912 Kč 20 h
insgesamt also 9.912.20 Kč
verrechnet. Verbleiben also 7.382.70 Kč,
welche er in seinem Aktivprozesse geltendmacht.


Da der Verlag „Die Fackel“ nur 3.441.68 Kč eingeklagt hat, so
reicht die gutgeschriebene Summe von 3.912.20 Kč zur Kompensation
aus und so ist eigentlich die Einrede der Kompensation zu verstehen.


Ich bin mir nicht klar darüber, ob ich
empfehlen soll, dass Herr K. zur Einvernahme nach Prag kommt.
Normalerweise ist die Einvernahme vor dem Prozessrichter der
vor dem ersuchten Richter vorzuziehen. Die Abneigung unseres
Prozessrichters, Aussagen zu protokollieren, die nicht unmittel
bar auf die einzelnen Streitpunkte Bezug haben, lässt mich an
nehmen, dass es vielleicht günstiger wäre, wenn Herr K. in Wien
einvernommen wird. Allerdings nur dann, wenn Sie glauben, dass
der Requisitionsrichter Herrn K. in seiner Aussage nicht behin
dern wird. Das Ersuchschreiben würde recht allgemein abgefasst
werden, da der Beweisbeschluss folgendermassen lautet: „Es wird
die Einvernahme der Prozessparteien über deren gesamtes Vorbrin
gen mit Ausnahme der zurückgenommenen die Propagandaspesen be
treffenden Kompensation zugelassen.“ Wenn Sie, sehr geehrter
Herr Doktor, glauben, dass der Wiener-Richter auf Grund dieses
Beweisbeschlusses ausführliche Depositionen des Herrn K. nicht
vereiteln wird, dann ist es, wie ich glaube, für den Prozess
günstiger, wenn Herr K. in Wien aussagt, falls Sie jedoch irgend
welche Bedenken haben, dann wollen wir ihn doch lieber nach Prag
bemühen und ich werde alles tun, um eine möglichst ausführliche
und die Aussage des Herrn K. getreu reproduzierende Protokollie
rung zu erwirken.


Bei dieser Gelegenheit bitte ich Herrn Kraus
mitzuteilen, dass in der Sache AUFRUF / Dr. Bill, Ing. Butschowitz /
über meinen Antrag eine Aufforderung an den Verteidiger erlas
sen wurde, binnen 6 Tagen die dermalige Adresse des Ing. Butschowitz bekanntzugeben. Sollte er dieser Aufforderung nicht ent
sprechen und die Zustellung der Ladung auch durch Vermittlung
des Polizeikommissariates in Pankrac nicht möglich sein, dann
wird die Hauptverhandlung sofort angeordnet werden. Ich werde,
da nach dem Pressgesetze die Ladung zu eigenen Händen vorge
schrieben ist, den Antrag stellen, das Verfahren möge bis zur
Eruierung der Adresse des Ing. Butschowitz nur gegen Dr. Bill
fortgesetzt werden. Die Verjährung gegen Butschowitz tritt da
durch nicht ein, sondern wird unterbrochen.


Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Doktor, Herrn
Kraus meine besten Empfehlungen zu bestellen und zeichne mit
herzlichen Grüssen an Sie, in vorzüglicher Hochachtung


Ihr ergebener:
Dr. Turnovsky


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