Der Gegen-Angriff, 8.11.1935Die FackelÖsterreich – Hintergründe und Perspektiven


Sehr geehrter Herr Doktor.


In der Strafsache K.K. ca: Dr. FriedrichKassowitz / Gegenangriff / dürfte Ihnen Herr K. mitgeteilt haben,
dass der Beschuldigte die Bedingungen des gemäss § 26 des Ehrenschutzgesetzes herausgegebenen Gerichtsbeschlusses nur teil
weise erfüllt hat. Er hat es abgelehnt, mir den Nachweis darüber
vorzulegen, dass er den Sühnebetrag zu Gunsten der Arbeitslosen
der Hauptstadt Prag per 200 Kč bezahlt hat, ferner hat er auch
die zu bezahlenden Prozesskosten per 270.– Kč nicht rechtzeitig,
nämlich in zwei Raten, deren letzte nach Ablauf der Leistungs
frist erlegt worden ist, überwiesen.


Da es ja ausserordentlich interessant
war, festzustellen, ob und wann die den Arbeitslosen zugedachte
Summe erlegt worden ist, habe ich bei Gericht den Antrag gestellt
der Angeklagte möge zur Vorweisung der Zahlungsbestätigung über
diese 200 Kč aufgefordert werden. Dieser Aufforderung hat er bis
her nicht entsprochen, sodass ich allen Grund habe, anzunehmen,
dass er diesen Betrag bisher überhaupt nicht bezahlt hat.


Da die Frist zur Ueberreichung der
Anklageschrift Morgen abläuft und die vom Gerichte bestimmte
Satisfaktion nur dann für angemessen angesehen werden kann, wenn
alle Bedingungen des Gerichtsbeschlusses erfüllt werden, habe
ich heute die Anklageschrift verfasst und in dieser mit Nach
druck auf das Verhalten des Angeklagten verwiesen. Ich werde
die Anklageschrift Morgen überreichen lassen und wirklich neu
gierig, ob die Herren vom Gegen-Angriff tatsächlich die Unver
frorenheit hatten, gerade die Bedingung, 200.–– Kč für die Arbeitslo
sen zu erlegen, zu ignorieren.


Betrifft: Gegen-Angriff § 1330 A.B.G.B.


Der durch das rechtskräftige Urteil angeordnete
Widerruf wurde in der heute erschienenen Nummer abgedruckt.


Ich schliesse diese Nummer bei. Unerhört finde
ich den Artikel Oesterreich – Hintergründe und Perspektiven.
Die Stupidität dieser Art von Presse ist wirklich unbegreiflich.


Betrifft: FACKEL-Auslieferungsvertrag / KrausMelantrich /


Ich bestätige mit bestem Danke den Empfang
Ihres frdl. Schreibens vom 6. d.M. Ich habe die beglaubigten Ueber
setzungen jener Korrespondenz, deren Vorlage der Melantrich-Verlag
deswegen abgelehnt hat, weil sie an Münzer gerichtet war, bei
Gericht überreicht und mit dem Richter gesprochen. Dieser konnte
jedoch immer noch nicht über alle Details orientiert sein, weil
die vom Melantrich vorzulegenden Uebersetzungen bei Gericht noch
nicht eingelangt sind. Ich werde in einigen Tagen feststellen, ob
die Uebersetzungen schon im Akte sind und dann nochmals versuchen,
mit dem Richter zu sprechen und ihn auf die einzelnen wichtigen
Punkte aufmerksam zu machen. Er ist allerdings ein sehr verschlos
sener Mensch, der die Parteien und deren Vertreter nur sehr ungern
an sich heranlässt und in seinen Aeusserungen so vorsichtig ist,
dass man nie weiss, wie man mit ihm daran ist. Vielleicht wird er
einen in Form eines Beweisantrages gefassten vorbereitenden
Schriftsatz zulassen. Ich werde dann nach dieser Rücksprache Ihr
frdl. Schreiben vom 6. d.M. meritorisch beantworten.


Inzwischen zeichne ich mit besten Grüssen und
der Bitte, mich auch Herrn Kraus zu empfehlen,


in vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebener:
Dr. Turnovsky


1 Beilage.


3