Karl Kraus und die StaatshalunkenDer Sozialdemokrat, 10.1.1935


Sehr geehrter Herr Doktor.


Ich gelange erst heute zur Beantwortung
Ihres gesch. Schreibens vom 3. d.M. Es ist mir bisher nicht
gelungen, den Artikel, in welchem Ausfälle über die Emigranten
erschienen sein sollen, zustande zu bringen. Ich habe ein Mit
glied des Šalda-Kommitée gebeten, bei den anderen Funktionären
nachzufragen, ob sie einen solchen Artikel gelesen haben und
wenigstens annähernd den Zeitpunkt angeben können, in welchem er
erschienen ist. Sollte ich von ihm keine Information bekom
men, dann werde ich jemanden mit der Durchsicht der in der
tschechischen Bibliothek aufliegenden Nummern der letzten
zwei Monate betrauen müssen.


In der Nummer vom 10. d.M. ist die bei
geschlossene Notiz „Karl Kraus und die Staatshalunken
erschienen.


Ich schliesse auch zwei Ausfertigungen
des Entwurfes der Aeusserung gegen den vom Beklagten überreichten Schriftsatz mit der Bitte bei, diesen Entwurf zu prüfen und
Herrn Kraus zur Genehmigung vorzulegen.


Sollte ich rechtzeitig den Emigrantenartikel
ermitteln, dann wird ein entsprechender Passus eingefügt, sollte
ich ihn erst später zustandebringen, dann kann ich ja auf den
Inhalt dieses Artikels bei der Hauptverhandlung hinweisen.


Wollen Sie bitte Herrn Kraus nebst besten Grüssen
meinen herzlichsten Dank für die Einsendung des letzten Vorlesungsprogram
mes mit der prachtvollen Programmnotiz bestellen.


Mit dem Ausdrucke vorzüglichster Hochachtung


ergebener:
Dr. Turnovsky


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