Der SozialdemokratDer Verrat der GeistigenDer Sozialdemokrat, 30.11.1935


Sehr geehrter Herr Doktor.


Herr K. hat Ihnen jedenfalls von
der gestrigen telef. Unterredung Mitteilung gemacht, sodass Sie
wissen werden, dass ich, wenn irgend möglich, am 7.XII. abends
oder 8.XII. Mittag nach Wien kommen werde, um die ganzen Ange
legenheiten mit Ihnen und Herrn K. eingehend besprechen zu können.
Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, wie gerne ich dem Wunsche
des Herrn K., nach Wien zu kommen, entsprechen möchte und wie
froh ich wäre, bei der Vorlesung vom 9.XII. d.J. anwesend sein zu
können. Nun steht die Sache allerdings so, dass ich seit längerer
Zeit ohne Konzipienten arbeite / infolge der Krise des Anwalt
standes / und daher nur dann wegfahren kann, wenn keine notwen
digen Interventionen bei Gericht oder bei den Behörden vorzu
nehmen sind. Vorläufig habe ich für den 9. und 10.XII. d.J.
keine Verhandlungen vorgemerkt und die für diese Tage vorgese
henen Interventionen werden sich vielleicht verschieben lassen.
Trotzdem kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, dass ich werde
wegfahren können und für diesen Fall möchte ich die Fassung der
im Prozesse gegen Dr. Emil Strauss zu überreichenden Eingabe
/ Frist bis 4.XII. d.J. / vorbereiten. Ich sende Ihnen daher einen
Entwurf ein, den Sie gefl. Herrn Kraus vorlegen, mit diesem
besprechen und mir sodann mit allfälligen Ergänzungsanträgen
retournieren wollen. Bis zum 4.XII. d.J. werde ich offenbar
schon wissen, ob ich nach Wien fahren kann und ob ich daher
ein Fristgesuch überreichen und die Vorlage der Eingabe erst
nach der Besprechung mit Ihnen und Herrn K. vornehmen soll.


Heute habe ich bei der Lektüre des Sozial-Demokrat wiederum eine Notiz gefunden, die wohl abermals
das Einschreiten gegen den Sozialdemokrat zur Folge haben wird.
/ Seite 4 der Nummer vom 30.XI.1935 /. Ich bitte, Herrn K. nebst
meinen besten Grüssen auszurichten, dass ich mit Herrn Heinrich Fischer gesprochen, diesem die gewünschten Mitteilungen
gemacht habe und dass Herr F. glaubt, dass es ihm möglich sein
wird, ebenfalls am 7. oder 8.XII. d.J. nach Wien zu kommen.


Ich zeichne mit dem Ausdrucke der vorzüglichen
Hochachtung Ihr ergebener:
Dr. Turnovsky


1 Beilage.


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