Uebersetzung:
Der Verteidiger bringt dasselbe vor, wie
in seiner Eingabe Bl.Z.
20–28 mit dem, dass er auch bezüg
lich des Punktes
III / wilde und läppische Ausfälle gegen den
Marxismus und die
Sozialdemokratie / den Wahrheitsbeweis an
biete, wenn auch
die Anklage in dieser Richtung zurückgenom
men worden ist,
weil auch die Beweisführung über diesen Punkt
für die Beurteilung des
Zusammenhanges des inkriminiertenArtikels wichtig
ist und führt über die in seiner Eingabe
angeführten Tatsachen die
Zeugen Dr. Wolfgang Brügel, Prag – XIVFibichova 40, und
Dr. Emil
Franzel, Redakteur, Prag –
XII, Fochova 62.
Ferner gibt er an, dass er über Punkt X / Gleichschaltung /
dieselben Zeugen auch noch
darüber führt, dass sich der
Privatkläger gemäss den Verhältnissen in
Oesterreich tatsäch
lich
gleichgeschaltet hat, weil er vor dem im Feber 1934 er
folgten Umsturze
und schon längst vorher ein eifriger Gegner
der österreichischen
Dynastie und des österreichischen Monar
chismus gewesen
ist und sich nach dem erwähnten Datum voll
kommen den
österreichischen Verhältnissen angepasst und in
seinen im Mai und August
1935 veröffentlichten Artikeln des
Habsburger-Geschlechtes
angenommen hat, er äusserte sich da
hin, dass die
Rückgabe der Güter an die Habsburger der Rück
erstattung des
Hauses an den Hausherrn gleichkomme. Er hat
eine Wiener-Zeitung nur deshalb scharf kritisiert, weil sie
eine Agitationsrede des
Heimwehrführers, Obst. Adam nicht voll
ständig
veröffentlicht hat und er ist in seiner Anpassung an
die in Oesterreich herrschenden monarchistischen und ständisch
faszistischen
Ideen sogar so weit gegangen, dass er grundlos
den jetzigen Präsidenten der Č.S.R. und damaligen Aussenmini
ster wegen seiner
staatsmännischen Tätigkeit beleidigt und
über die Demokratie der Č.S.R. angeführt hat, dass sie noch
die beispiellose Dummheit
der englischen Arbeiterpartei über-
troffen habe.
Der Vertreter des Privatklägers beharrt
bei seinen bisherigen
Anträgen, insbesondere bei den in
der letzten Hauptverhandlung
vorgebrachten, und beantragt,
die vom Verteidiger heute angebotenen Beweise
nicht zuzu
lassen,
da sie nicht dem Wahrheitsbeweise dienen und ver
spätet sind.
Gemäss § 6 Abs. 2/a/ des Gesetzes über denEhrenschutz ist der
Angeklagte nicht strafbar, wenn er be
weist, dass die
von ihm angeführten oder mitgeteilten Tat
sachen wahr sind.
Der Angeklagte wird deswegen verfolgt,
weil der inkriminierte Artikel darauf gerichtet ist,
dass
der Leser die
Ueberzeugung gewinne, der Privatkläger habe
seine Gesinnung aus
niedrigen und unehrenhaften Beweggrün
den geändert. Die
Gesinnungsänderung als solche ist keine
beleidigende Tatsache, weil
sie auf Grund einer gewonnenen
Ueberzeugung erfolgt sein kann. Der Angeklagte
wird nicht
deswegen verfolgt,
weil der inkriminierte Artikel dem
Privatkläger Gesinnungsänderung zum Vorwurfe machte, wiewohl
auch diese Behauptung unwahr
ist, sondern deshalb, weil in
dem inkriminierten Artikel die
Behauptung enthalten ist,
dass diese Gesinnungsänderung auf den in dem Artikel an
geführten
verächtlichen Beweggründen beruht. Der Wahrheits
beweis könnte nur
dadurch erbracht werden,
wenn
daß
behauptet
und
bewiesen würde, dass eine Aenderung der Gesinnung des
Privatklägers auf Grund niedriger und unehrenhafter Beweg
gründe erfolgt
ist, z.B.: dass der Privatkläger seine Gesin
nung deswegen
geändert habe, weil er von dem in Oesterreich
herrschenden Regime
bestochen ist oder aus Feigheit, Opportu
nismus oder aus
einem anderen unehrenhaften Motiv.
Der Vertreter des Privatklägers stellt
den Antrag, der Angeklagte möge darüber einvernommen werden,
wer mit dem
ausgewachsenen Zuchthäusler, den der Privat
kläger nach dem
inkriminierten Artikel über Lassalle stellt,
gemeint ist.
Nach Beratung verkündete der
Vorsitzende
den Beschluss, dass die von
der Verteidigung geführten
Beweise und zwar durch
Einvernahme des Dr. Wolfgang Brügel
und Dr. Franzel über die
Behauptung der Verteidigung / Ein
gabe Bl.Z. 20 /,
sowie über das heutige Vorbringen des Ver
teidigers und
durch die Einvernahme des Zeugen HeinrichFischer, Dr. Emil Franzel,
sowie durch Verlesung des im„Sozialdemokrat“ vom
28.4.1935 erschienenen Artikels über
das Vorbringen des Vertreters des Privatklägers zugelassen
werden.
Der Antrag des Vertreter des Privatklägers,
dass der Angeklagte darüber einzuvernehmen sei, wen er mit
dem Zuchthäusler, der nach
dem inkriminierten Artikel vom
Privatkläger über Lassalle
gestellt wird, meint, wird abge
wiesen , weil es
Sache des Gerichtes ist, den Inhalt des
inkriminierten Artikels vom Standpunkte des durchschnitt
lichen Lesers
auszulegen. / ein Zitat aus einem Judikat /
Der Vertreter des Privatklägers legt den
zum Beweise angebotenen Artikel vor, der Verteidiger an
erkennt, dass
dieser Artikel etwa im April 1934 im
„Sozialdemokrat“ erschienen ist.
Zur Durchführung der
zugelassenen Beweise
wurde
die Hauptverhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt.
N.B.:
Die eingeklammerten
Bemerkungen stehen nicht im Protokoll.